Im Jahr 1983 trat eine preisgünstige Plastikuhr aus der Schweiz an, die Welt zu erobern. Die Swatch wurde nicht nur einer der erfolgreichsten Zeitmesser überhaupt, sondern rettete in der Folge auch gleich die gesamte von diversen Krisen geschüttelte eidgenössische Uhrenindustrie. Namhafte Marken wie Omega, Breguet und viele andere würden heute entweder gar nicht mehr existieren oder wären längst ins Ausland verkauft worden, hätte es den Quarzticker nicht gegeben.

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Die "Swatch Art Journey" geht weiter. Heuer widmet man auch dem Street-Art-Künstler Jean-Michel Basquiat eine eigene Kollektion.
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Die Strahlkraft der Swatch hält bis heute an, weil es dem Gründer des gleichnamigen Konzerns, Nicolas G. Hayek, gelang, dem Zeitmesser selbst den Instrumentencharakter auszutreiben. Er inszenierte ihn als "soziokulturelles Statement", wie es der Schweizer Uhrenexperte Pierre-André Schmitt ausdrückt.

Dass die Marke nach wie vor Appeal hat, bewies sie im vergangenen Jahr mit der Lancierung der Moonswatch, einer Adaption der Speedmaster, eines ikonischen Modells der Schwestermarke Omega. Die Bilder von langen Menschenschlangen vor den Swatch-Boutiquen in Wien, New York, Seoul und Co gingen um die Welt. Weit über eine Million Mal verkaufte sich die Moonswatch bisher.

Von Picasso bis Pigcasso

Bei Swatch gab es immer schon eine gewisse Lust daran, Dinge anders anzugehen. Man spielte mit Farben und Formen und pflegte schon früh eine ganz spezielle Liebesbeziehung zur Kunst. Was heute bei vielen Uhrenmarken im hochpreisigen Segment gang und gäbe ist – Hublot und der japanische Künstler Takashi Murakami, H. Moser & Cie und seconde/seconde wären da zwei Beispiele aus jüngster Zeit –, kultivierte Swatch bereits vor knapp vierzig Jahren.

Das allererste "Swatch Art Special" entstand 1985 aus der Kooperation mit dem französischen Künstler Kiki Picasso. Die auf 140 Exemplare limitierte Auflage war ein Erfolg und ebnete den Weg für die "kleinste Leinwand der Welt" und viele weitere Kooperationen. Ein Jahr später brachte man Keith Harings Werke ans Handgelenk, Editionen mit Werken von Yoko Ono und Annie Leibovitz folgten, selbst dem Gepinsel des "talentierten Schweins" Pigcasso gab man 2019 Platz auf einer Swatch.

Die Swatch "Art Journey" geht 2023 weiter. Unter anderem bringen die Schweizer Kunstwerke von Basquiat ...
Swatch
... Katsushika Hokusai & The Astrolabe ...
Swatch
... Boticelli ...
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... Roy Liechtenstein und ...
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... René Magritte.
Swatch
Inspiriert von der Moonswatch schuf jüngst der Land Art-Künstler Saype zwei überdimensionale Werke in Kenia. Das Bild des kleinen Mädchens (Her Bold Dream") misst 120 mal 60 Meter bei einer Gesamtfläche von 7.200 Quadratmetern.
Saype
Das Bild des Buben ("His Bright Dream") misst 50 mal 120 Meter, also insgesamt 6.000 Quadratmeter. Für seine vergänglichen Installationen verwendet Saype eine 100 Prozent umweltfreundliche Farbe, die er selbst entwickelt hat. Damit ist er in der Lage, gigantische Fresken von riesigen Ausmaßen direkt im Terrain zu schaffen. Werkzeuge und 600 Kilogramm Pigmente wurden aus Europa importiert, damit Saype und sein zehnköpfiges Team, darunter auch kenianische Einheimische, die Gemälde entstehen lassen konnten.
Saype

Swatch argumentiert damit, dass man immer neue Mittel und Wege suche, die "Kunstwelt zu demokratisieren". (Dass dahinter selbstverständlich immer auch ein wirtschaftliches Kalkül steckt, sei den Schweizern unbenommen.) Und so hat sich die Marke konsequenterweise auch mit weltbekannten Museen zusammengetan, um einige ihrer legendärsten Kunstwerke im Rahmen der Serie "Museum Journey" ans Handgelenk zu bringen.

Selbst ein Ausstellungsstück

Das Rijksmuseum in Amsterdam (2018) und das Museum Thyssen-Bornemisza in Madrid (2018) waren die ersten Häuser, die Swatch ihre Türen öffneten, gefolgt vom Louvre in Paris (2019), dem MoMA in New York (2021) und dem Centre Pompidou, ebenfalls in Paris (2022). Heuer geht es weiter u. a. mit den Uffizien, der Fondation Magritte und wieder mit dem MoMA.

In Letzteren ist die Swatch längst selbst angekommen, als Ausstellungsstück: In der ständigen Sammlung des Museum of Modern Art befindet sich auch die schlichte GB 100 von 1983, dem Geburtsjahr der Plastikuhr. (max, RONDO Exklusiv, 15.6.2023)