Impulstanz: Meg Stuart und Mark Tompkins brillieren mit
Impulstanz: Meg Stuart und Mark Tompkins brillieren mit "One Shot".
Yako One

Im Tanz wirkt die Improvisation wie ein russisches Roulette, in dessen Revolvertrommel drei von sechs Kugeln stecken. Solche Performances enden zu 50 Prozent traurig. Meg Stuart und Mark Tompkins gehören zur Crème de la Crème der zeitgenössischen Choreografie, beide gelten als Koryphäen der Improvisation. Bei Impulstanz trafen sie sich am Samstag auf der Burgtheater-Bühne für eine Session und legten unter One Shot eine Bruchlandung als Meisterwerk hin.

Im Vergleich mit Gisèle Viennes brillanter Interpretation von Robert Walsers L’Étang (Der Teich) mit ihren fabelhaften Darstellerinnen Adèle Haenel und Julie Shanahan würde One Shot wohl den Kürzeren ziehen. Viennes Werk, das ebenfalls im Festival zu sehen war, ist bis ins Detail durchgeplant, Tompkins und Stuart hingegen haben nur ein paar grundlegende Parameter vorbereitet.

Doch das Duo wusste genau, was es tat. Es setzte auf die Absurdität des Banalen, während ihm der Wiener Musiker Martin Siewert so souverän wie flexibel den Sound einspielte. Stuart gab die Ambitionierte und Tompkins den Störenfried, die beiden behinderten einander gegenseitig, diskutierten die Performance, während sie in vollem Gang war, und zum Schluss promoteten sie – als Teil ihrer Improvisation – ein gemeinsam verfasstes Buch mit dem Titel One Shot.

Blabla und Kommerz

Auf den ersten Blick schien das Fiasko haushoch zu siegen. Bald jedoch wurde die Absichtlichkeit dieses Hasardspiels erkennbar. Und als Ergebnis blieb ein Äquivalent zu jenem faden Geschmack zurück, wie ihn zum Beispiel die gegenwärtigen politischen, technologischen und wirtschaftlichen Dynamiken erzeugen: Mit all den Fehlleistungen, dem vielen Blabla, und am Ende ist eh alles Kommerz.

Der Improvisationsrevolver ließ ein "Klick" hören. Tompkins und Stuart hatten es geschafft. Wer also wirklich etwas darüber wissen will, wie die hochriskante Improvisation im Tanz funktioniert, sollte sich den One Shot-Band besorgen. Er ist gut gemacht und enthält keinen akademisch aufgeblasenen Diskurspomp, sondern Einsichten in die Praxis zweier echter Draufgänger.

Meg Stuart zeigt noch zwei weitere Arbeiten im Festival. Einmal All the Way Around, in dem sie selbst zur Musik des Jazzbassisten Doug Weiss und der Pianistin Mariana Carvalho tanzt. Anschließend kommt ihr Glanzstück Blessed über den Untergang eines Urlaubers (Solist: Francisco Camcho) wieder zu Impulstanz.