Neos-Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger im Gespräch mit ORF-Moderatorin Susanne Schnabl in einem Sprechzimmer des Parlaments.
Neos-Vorsitzende Beate Meinl-Reisinger im Gespräch mit ORF-Moderatorin Susanne Schnabl in einem Sprechzimmer des Parlaments.
APA/GEORG HOCHMUTH

Beate Meinl-Reisinger zeigte sich gleich einmal wütend, die Normalitätsdebatte der ÖVP hält sie ganz schlecht aus, und wenn es die Neos nicht schon gäbe, müssten sie jetzt gegründet werden. Eine Gesprächsbasis habe sie dennoch mit allen Parteien. Schwierig ist das mit der FPÖ. Die verrate das Land und die Neutralität. Dass sie aber Parteichef Herbert Kickl als Volksverräter bezeichnet hat, tue ihr im Nachhinein leid: "Wenn man mit Ungeheuern kämpft, sollte man aufpassen, nicht selbst eines zu werden", sagte die Neos-Chefin.

Viel dunkles Holz im Hintergrund, der ORF hat sich entschieden, die "Sommergespräche" im Parlament stattfinden zu lassen, dort zog sich Moderatorin Susanne Schnabl mit Neos-Chefin Meinl-Reisinger in die intime Atmosphäre des Sprechzimmers zurück. Erstes Sachthema: Arbeiten. Meinl-Reisinger hat Verständnis dafür, dass die Menschen weniger arbeiten wollen, die Viertagewoche kann sie sich vorstellen, das sei ein Thema der Arbeitgeber. Flächendeckend sei das aber nicht möglich. Es solle jedenfalls keine Anreize für Teilzeit geben, dafür aber einen Bonus für Vollzeit.

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Keine Koalitionsverhandlungen

Wofür Meinl-Reisinger steht: keine neuen Steuern. SPÖ-Chef Andreas Babler unterstellt sie, bei der von ihm propagierten Vermögenssteuer bei den Millionären zu beginnen, letztendlich werde er aber bei den Häuslbauern und damit in der Mitte der Gesellschaft landen. Also definitiv keine Koalition mit der SPÖ?, fragt Schnabl. Das seien hier keine Koalitionsverhandlungen, stellte Meinl-Reisinger klar – und ließ die Frage somit unbeantwortet.

Der Rausflug aus dem Salzburger Landtag sei bitter gewesen. Sie geht davon aus, dass Sepp Schellhorn für die Neos antritt, auf Bundesebene. Als Gegenkandidat zu ihr? Damit hätte Meinl-Reisinger kein Problem, sagt sie, kann das aber nicht wirklich glauben. Bei den Neos werde Demokratie gelebt, das sei ein "bissl kompliziert", lohne sich aber.

Vision vom europäischen Heer

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Heikles Thema: Neutralität. Jedenfalls sei eine Debatte darüber zu führen, das verstaubte Verständnis von Neutralität sei überholt. Ein Bürgerrat solle das diskutieren. Als einzige Partei treten die Neos offen für die Abschaffung der Neutralität ein. Meinl-Reisingers Vision: vereinigte Staaten von Europa – mit einem gemeinsamen Heer, auch wenn das jetzt nicht sehr wahrscheinlich erscheine.

Die Probleme, die durch die Zuwanderung entstehen, seien ernst zu nehmen. "Eine liberale Gesellschaft muss sich gegen die Feinde der offenen Gesellschaft und Demokratie wehren“, es sei nicht in Ordnung, wenn "unsere Werte mit Füßen getreten werden". Meinl-Reisinger tritt für ein Wahlrecht für EU-Bürger und generell für einen leichteren Zugang zur Staatsbürgerschaft ein.

Kein Bargeld in der Verfassung

Keine Zustimmung gab es von Meinl-Reisinger für den Plan des Bundeskanzlers, das Recht auf Bargeld in die Verfassung zu schreiben. Das habe dort nichts zu suchen. Stattdessen sollte man dort endlich ein Ende der zügellosen Bodenversiegelung festschreiben und mit der derzeitigen Raumordnung aufräumen, die Bürgermeistern viel zu viele Rechte einräume.

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Einen Songwunsch zum Abschluss konnte sie nicht nennen. Es wäre aber jedenfalls ein Wutsong.

Es war nicht das zurückgelehnte "Sommergespräch", das man sich in diesem Format hätte erwarten können, es war ein scharf und dicht geführtes Interview, wie man es von Susanne Schnabl kennt – und in dem sich Meinl-Reisinger nicht immer wohlfühlte.

Wer sich wunderte, warum das Hochwasser und die Klimakrise, die damit zu tun haben könnte, nicht angesprochen wurden: Das ORF-"Sommergespräch" wurde bereits am Freitag, noch vor den Unwettern, aufgezeichnet. (Michael Völker, 7.8.2023)