Der Bildausschnitt zeigt zwei Beine die eine Straße entlanggehen.
Jeder Schritt zählt. Bereits ab 2.337 Schritten pro Tag sinkt das Risiko, an irgendeiner Krankheit früher zu sterben.
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Jeder kennt die berühmten 10.000 Schritte pro Tag. Seit Jahren spukt diese Zahl in unseren Köpfen herum – 10.000 Schritte pro Tag sollten es sein, um möglichst lange gesund und fit zu bleiben. Doch die Sache hat einen Haken: Für diese Zahl gibt es keinen wissenschaftlichen Hintergrund. Vielmehr stammt sie aus einer Werbung aus den 60er-Jahren. Eine japanische Werbeagentur dachte sich damals die Zahl aus, um ein kleines Kästchen anzupreisen, dass die zurückgelegten Schritte zählte. Mittlerweile hat sich aber auch die Wissenschaft mehrfach mit dem Thema beschäftigt. Und für alle, denen es schwerfällt, auf die 10.000 Schritte zu kommen, gibt es gute Nachrichten. Es reichen bereits 4.000 für gesundheitliche Benefits aus.

Eine im "European Journal of Preventive Cardiology" veröffentlichte Studie ergab, dass bereits mindestens 3.967 Schritte pro Tag das Risiko verringern, an irgendeiner Krankheit früher zu sterben. Bei 2.337 Schritten pro Tag wurden Erkrankungen des Herzens und der Blutgefäße, also Herz-Kreislauf-Erkrankungen, seltener. Dennoch gibt es auch noch Luft nach oben. Denn: Das Risiko, an irgendeiner Krankheit oder an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, sinkt mit jeden weiteren 500 bis 1.000 Schritten nochmal deutlich. Genauer gesagt, mit 1.000 Schritten mehr pro Tag sinkt das Risiko, aus irgendwelchen Gründen früher zu sterben, um weitere 15 Prozent. Und ein Plus von 500 Schritten pro Tag wurde mit einer siebenprozentigen Reduzierung der Sterberate an Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden.

Luft nach oben

Was bereits lange klar ist, unterstreicht diese Studie noch einmal zusätzlich: Bewegung tut jedem Körper gut. Und nach oben hin gibt es noch ordentlich Luft. Die Forschenden unter der Leitung von Maciej Banach, Professor für Kardiologie an der Medizinischen Universität Łódź in Polen und außerordentlicher Professor am Zentrum für die Prävention kardiovaskulärer Erkrankungen der Johns Hopkins University School of Medicine in Baltimore, fanden heraus, dass sich bei 20.000 Schritten am Tag die gesundheitlichen Benefits noch weiter erhöhten. Eine Obergrenze gibt es demnach bisher nicht. "Unsere Studie bestätigt: Je mehr man geht, desto besser", sagt Banach. "Wir haben festgestellt, dass dies sowohl für Männer als auch für Frauen gilt, unabhängig vom Alter und unabhängig davon, ob sie in einer gemäßigten, subtropischen oder subpolaren Region der Welt oder in einer Region mit einer Mischung verschiedener Klimazonen leben."

Und auch wenn 4.000 Schritte eigentlich schnell erreicht sind – im Durchschnitt schafft man etwa 1.000 Schritte in zehn Minuten –, haben Studien gezeigt, dass sich mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung unzureichend körperlich betätigt. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO ist zu wenig Bewegung die vierthäufigste Todesursache weltweit. 3,2 Millionen Todesfällen pro Jahr werden in diesem Zusammenhang gemeldet.

Schrittekiller Homeoffice

Vor allem seit der Coronavirus-Pandemie gab es einen deutlichen Rückgang der körperlichen Aktivität. Was auch mit dem wegfallenden Arbeitsweg durch Homeoffice zusammenhängt. Und das Niveau habe sich auch noch nicht erholt, heißt es in der aktuellen Studie. Umso wichtiger ist es, die Bewegung in den Alltag wieder zu integrieren. Kleine Änderungen können schon viel bewirken. "Im Büro etwa könnte man sich angewöhnen, zum Kollegen rüberzugehen, statt anzurufen. Zwischendurch aufstehen und beim Telefonieren auf und ab gehen bringen ganz nebenbei zusätzliche Schritte", empfiehlt Hannes Woschner, Geschäftsführer des Functional-Fitness-Studios Five in Wien. Wer dann auf dem Weg zur Arbeit eine U-Bahn-Station früher aussteigt und statt der Rolltreppe die Stufen nimmt, kann weitere Schritte auf das Tageskonto verbuchen.

"In einer Welt, in der wir über immer fortschrittlichere Medikamente verfügen, um bestimmte Krankheiten wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu bekämpfen, sollten wir immer betonen, dass Änderungen des Lebensstils, einschließlich Ernährung und Bewegung, bei der Reduzierung des Herz-Kreislauf-Risikos und der Lebensverlängerung mindestens ebenso wirksam oder sogar noch wirksamer sein könnten", betonte Studienleiter Banach. Nach Angaben der Wissenschafter handelte es sich um die bisher größte Analyse zu dem Thema. (APA, jaa, 8.8.2023)