Luisa González muss am 15. Oktober in eine Stichwahl mit dem Zweitplatzierten Daniel Noboa.
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Quito – Bei der Präsidentschaftswahl in Ecuador gehen die linksgerichtete Kandidatin Luisa González und der Geschäftsmann Daniel Noboa in die zweite Runde. Nach Auszählung von mehr als 70 Prozent der Stimmen lag die 45-jährige González mit 33 Prozent deutlich vorn, wie die Wahlkommission am Sonntag mitteilte. Der 35 Jahre alte Noboa, Sohn des Unternehmers und früheren Präsidentschaftskandidaten Alvaro Noboa, kam demnach überraschend auf 24 Prozent.

"Wir feiern, weil wir Geschichte schreiben, obwohl so viele von uns ignoriert wurden. Heute beginnen wir, eine andere Geschichte zu zeichnen", sagte González vor Anhängern bei einer Veranstaltung im Süden der Hauptstadt Quito. González gilt als Schützling des wegen Korruption verurteilten Ex-Präsidenten Rafael Correa. Noboa erklärte, das ecuadorianische Volk habe gewonnen. "Der Kandidat der Jugend, der Menschen, die Hoffnung suchen, die Ecuador verändern wollen, hat gesiegt." Er freue sich auf die Stichwahl gegen González, die für den 15. Oktober angesetzt ist. Für einen Sieg in der ersten Runde muss ein Präsidentschaftskandidat über 40 Prozent der Stimmen verfügen oder zehn Prozentpunkte vor dem nächsten Konkurrenten liegen.

Mehrere politische Morde vor Wahlen

Am Sonntag wurden außerdem die Mitglieder des 137 Sitze starken Parlaments gewählt. Darüber hinaus wurde in zwei Volksabstimmungen über Ölbohrungen im Amazonas und den Bergbau im Waldgebiet Chocó Andino abgestimmt.

Alle acht Bewerber für das Amt des Staatschefs warben mit Versprechen, gegen die organisierte Kriminalität vorzugehen, und traten im Wahlkampf teils in kugelsicheren Westen auf. Gleich mehrere politische Morde kennzeichneten die Zeit unmittelbar vor der ersten Wahlrunde. Nur elf Tage zuvor war der aussichtsreiche Zentrist Fernando Villavicencio nach einer Wahlkampfveranstaltung in Quito erschossen worden. Nur Stunden vor der Wahl erklärte der Ersatzkandidat von Villavicencios Construye-Partei, Christian Zurita, Todesdrohungen in Onlinenetzwerken erhalten zu haben. Seine Partei hatte den Journalisten als Ersatzkandidaten nominiert, auf den Wahlzetteln schien allerdings der Name Villavicencios auf, da diese vor seiner Ermordung gedruckt worden waren. Er erhielt 16 Prozent der Stimmen. Villavicencio war ein erbitterter Gegner von Correa. Zurita räumte am Sonntagabend zusammen mit mehreren anderen Kandidaten seine Niederlage ein.

Hohe Mordrate

Das südamerikanische Land mit seinen rund 18 Millionen Einwohnern kämpft mit einer zunehmenden Welle der Gewalt und dem wachsenden Einfluss von Drogenkartellen. Im Jahr 2022 gab es in Ecuador 26 Mordfälle pro 100.000 Einwohner. Damit hat Ecuador Mexiko, Kolumbien und Brasilien überholt. Am Freitagabend überlebte der Bürgermeister der Küstenstadt La Libertad im Westen Ecuadors nach eigenen Angaben einen Mordanschlag. Am Montag davor erschossen Unbekannte im Norden des Landes einen Lokalpolitiker der Partei Bürgerrevolution des ehemaligen Präsidenten Correa. (APA, Reuters, red, 21.8.2023)