Volle Hallen und zufriedene Aussteller. 2023 gibt sich die Gamescom fast so selbstsicher wie in den Jahren vor der Pandemie. Doch was hat die Messe ausgemacht in diesem Jahr? Was sind die Trends, und was sorgte für Diskussionen?

Gamescom 2023
Spiele gab es wahrlich ausreichend.
STANDARD, aam

Braucht es noch eine Gamescom?

Die eindeutige Antwort: Ja. Während die Spielefachmesse E3 aus diversen Gründen offenbar endgültig ein Ende gefunden hat, ist die Gamescom, nach Pandemie und einem vorsichtigen Start im Vorjahr, 2023 wieder nachgefragt wie eh und je. Auch wenn Aussteller wie Sony oder THQ Nordic in diesem Jahr nicht dabei waren und auch Electronic Arts schmerzlich vermisst wurde, für das Publikum gab es ausreichend zu spielen.

Allein all das, was der Indie-Bereich bietet, kann man eigentlich nicht an drei Tagen anspielen. Zudem boten Microsoft und Nintendo riesige Flächen, Hardware-Hersteller konnten sich protzig präsentieren, und es gab Entertainmentbereiche wie etwa die Retro-Area oder den Cosplay-Bereich. Volles Programm also, was im nächsten Jahr sicher fortgesetzt wird.

Gamescom 2023
Simulationen waren auch ein großes Thema auf der Messe.
STANDARD, aam

Cosy Games, Asien und Netflix

Shooter werden immer ein dominierendes Thema im Videospielbereich sein, aber speziell in diesem Jahr wurde dem beliebten Genre vor allem im Bereich der Wohlfühlspiele, sogenannte Cosy Games, mächtig Konkurrenz gemacht. Viele Spiele zeigten kuschelige Tiere, Aufbausimulationen ohne Kriegsgerät und Spiele, die weniger bestrafend daherkommen, als die vielen, vielen "Soulslike"- und "Roguelike"-Trends der letzten Jahre.

Was auch beim Wandern durch die Gänge auffällt: Viele asiatische Studios haben den Platz von europäischen und US-Firmen eingenommen. Der chinesische Hersteller Game Science präsentiert beispielsweise groß sein kommendes Action-Spiel "Black Myth: Wukong". Auch viele Mobile-Studios waren vor Ort, allen voran etwa Marvel Snap mit einem großen Stand, wo die offizielle PC-Umsetzung gefeiert wurde.

Lego zeigte aktuelle Modelle und diverse Kooperationen, etwa mit 2K-Games. Netflix und Disney+ zeigten auf ihren Ständen Trailer oder luden für Fotos ein.

In der Mitte angekommen

Einen Scheck über knapp sechs Millionen Euro überreichte der deutsche Wirtschaftsminister Robert Habeck am Donnerstag dem Chef des deutschen Entwicklerstudios Bluebyte, Benedikt Grindel. Mehr Förderungen und die Betonung, wie wichtig Videospiele für den Standort sind, zeigen, dass zumindest in Deutschland die Relevanz des Mediums und der dahinterstehenden Industrie erkannt wurde. Zu spät, wie Habeck zugibt. In einer auf der Gamescom abgehaltenen Pressekonferenz gibt er zu, man sei "zu spät" dran. Andere Länder hätten früher erkannt, welche "Möglichkeiten die Gaming-Industrie" darstelle.

In Österreich hinkt man auch noch stark hinterher. Zwar gibt es Fördertöpfe, doch werden die laut einigen Aussagen in der Branche seit Jahren nicht größer. Hier braucht es bald eine Initiative, um auch politisch aktiv zu werden. Den E-Sport, der wirtschaftlich nur ein kleiner Teilaspekt der Games-Branche ist, will Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) ja ins Finanzministerium und damit in seinen Bereich der Digitalisierung holen, um stärkere Förderungen zu ermöglichen. Man darf gespannt sein, ob auch in Sachen Games hier künftig mehr geschieht. Tursky meinte ja erst im Mai, dass die "Digitalisierung über Wohlstand" in Österreich entscheiden wird.

In Deutschland hat man das mittlerweile zumindest in Teilen erkannt und diskutiert auf der Messe offen über den "Spillover-Effekt" der modernen und innovativen Games-Branche und darüber, wie man die dortigen Erkenntnisse auch in andere Industrien bringen kann.

Weniger Skandale

Sorgte etwa der Auftritt von Twitch-Streamer Montanablack im Vorjahr noch für einen Ausnahmezustand und zahlreiche Beschwerden, müssen sich X-User in diesem Jahr über kollektives Rülpsen echauffieren, um auch irgendwas zu sagen. Insgesamt scheint sich die Messe besser auf die Kindermagnete einzustellen, was für die Allgemeinheit ein Segen ist, die davon eigentlich gar nichts wissen will.

Die Verkehrssituation war allerdings einige Tage im Ausnahmezustand. Viel zu viel Verkehr rund um die Messe, lange Schlangen vor und natürlich auf der Messe zeigen, dass Köln mit der Gamescom und den rund 350.000 Menschen immer wieder an Grenzen kommt. Bleibt zu hoffen, dass es trotzdem weiterhin bei wenigen bis keinen Zwischenfällen aufgrund dieser sich bewegenden Massen kommt.

Kritische Auseinandersetzung mit Spielen

Der Gamescom Congress bot während der Spielemesse eine Plattform für zahlreiche Panels zum Thema. "Kann man Depressionen spielen?" wurde da besprochen oder auch "Interaktiver Kinderschutz". Vertreter der Branche, Politik und Medien traten in interessante Diskussionen und zeigten einmal mehr, welche gesellschaftspolitische Relevanz Videospiele haben und wie professionell man sich mit den damit verbundenen Gefahren auseinandersetzen kann. (Alexander Amon, 26.8.2023)