Kind sitzt auf dem Sofa und hält die Fernbedienung in der Hand.
Je älter Kinder werden, umso mehr Zeit verbringen sie vor einem Bildschirm. Doch darunter leidet das Herz bereits in jungen Jahren.
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Um acht Uhr geht's mit dem Unterricht los. In den meisten Schulen bedeutet das, dass die Kinder erstmal im Sitzen lernen. Am Schulhof werden dann die Smartphones ausgepackt und die neusten Spiele ausprobiert. Natürlich ebenfalls sitzend. Und häufig geht's dann auch zu Hause genauso weiter. Entweder wird die Spielkonsole rausgeholt oder der Fernseher eingeschalten. Mit dem Resultat: Die Kinder bewegen sich zu wenig. Laut Empfehlungen der WHO sollten sich Kinder täglich mindestens 60 Minuten bewegen. Doch etwa vier von fünf Kindern tun das nicht oder nicht ausreichend. Und das bleibt nicht ohne Folgen. Die Gefahr für Herzinfarkte und Schlaganfälle in späteren Leben steigt deutlich an, wie eine beim Kongress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie vorgestellte Studie zeigt.

Schuld daran ist eine Verdickung des Herzens. Die Studie zeigte, dass die linksventrikuläre Masse anstieg, je länger die Kinder sitzend verbrachten. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das: Das Gewebe des Herzmuskels in der linken Herzkammer vergrößert sich und die Leistungsfähigkeit des Herzens nimmt ab. "All diese Stunden, die junge Menschen vor dem Bildschirm verbringen, summieren sich und führen zu einem schwereren Herzen, von dem wir aus Studien mit Erwachsenen wissen, dass es das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall erhöht", erklärt Studienautor Andrew Agbaje von der Universität Ostfinnland in Kuopio. "Kinder und Jugendliche müssen sich mehr bewegen, um ihre Gesundheit langfristig zu schüt­zen."

Risiko für Schlaganfall und Herzkrankheiten steigt

Per Smartwatch wurde bei den teilnehmenden Kinder gemessen, wie lange sie täglich sitzend verbrachten. Jeweils sieben Tage lang trugen sie dafür eine Smartwatch mit Aktivitätstracker – das erste Mal mit elf Jahren, dann mit 17 und abschließend mit 24 Jahren. Zusätzlich wurde im Alter von 17 und 24 Jahren mittels Ultraschall die Masse des linken Ventrikels gemessen. Die Studie ist Teil der Chil­dren of the 90s-Studie, die 1990/1991 begann und eine der weltweit größten Kohorten ist, die die Lebens­stildaten ihrer Teilnehmenden von Geburt an erhebt.

Insgesamt nahmen 766 Kinder teil. Die Daten ergaben, dass sie im Alter von 11 Jahren im Schnitt 362 Minuten am Tag im Sitzen verbrachten. Mit 15 Jahren stieg die Zeit bereits auf 474 Minuten und 531 Minuten wurden im jungen Erwachsenenalter, also mit 24 Jahren gemessen. Die Ergebnisse der Ultraschalluntersuchungen zeigten, dass, je mehr die Kinder sitzend verbrachten, auch die Masse des linken Ventrikels zunahm. Eine Studie mit erwachsenen Teilnehmenden hatte gezeigt, dass eine vergleichbare Zunahme der linksventrikulären Masse über einen Sieben-Jahres-Zeitraum mit einem um das Zweifache erhöhten Risiko für Herzkrankheit, Schlaganfall und Tod assoziiert war.

„Die Kinder verbrachten mehr als sechs Stunden am Tag im Sitzen und diese Zahl war noch um fast drei Stunden angestiegen, als sie das junge Erwachsenenalter erreicht hatten. Unsere Studie zeigt, dass die Akkumulation inaktiver Zeit mit einer Schädigung des Herzens in Verbindung steht, unabhängig von Körpergewicht und Blutdruck", sagt Agbaje. Darum plädiert er dafür, "dass Eltern ihre Kinder und Teenager dazu ermuntern sollten, sich mehr zu bewegen, etwa indem sie sie auf einen Spaziergang mitnehmen, und gleichzeitig die mit Social Media und Videospielen verbrachte Zeit begrenzen." (jaa, 30.08.2023)