Andreas Babler wird sich verspäten. Aber das macht nichts. Den Kindern im SOS-Kinderdorf in Pinkafeld kommt es auf ein paar Minuten nicht an. Sie werden mit jeder Menge Eis vertröstet. Und die offizielle Landes-SPÖ hat ohnehin kein Interesse an Bablers "Comeback-Tour", die ihn an diesem Dienstag ins Burgenland und in das Pinkafelder Kinderdorf führt. Selbst Bürgermeister Kurt Maczek konnte es sich nicht einrichten, dabei zu sein – er ließ sich vom zweiten Vizebürgermeister Adrian Kubat (SPÖ) vertreten.

Andreas Babler ein Mitarbeiter und Vizebürgermeister Adrian Kubat gehen bergauf zum SOS Kinderdorf in Pinkafeld.
Das Burgenland ist für SPÖ-Chef Andreas Babler ein steiles Gelände, wo er sich mühen muss, um ans Ziel zu kommen. Aufstiegshilfe von den burgenländischen Sozialdemokraten kann er nicht erwarten.
Guido Gluschitsch

Allein der Neudörfler Bürgermeister Dieter Posch empfing Babler zuvor bei einem eher privaten Termin. Es ging dabei um die Vorbereitungen für das große 150-Jahr-Jubiläum der Gründung der Sozialdemokratie in Neudörfl, wie Posch stolz im STANDARD-Gespräch erzählt. Obwohl nicht öffentlich, seien dennoch "50 bis 60 Leute" nach Neudörfl gekommen, sagt Posch. Er hoffe, dass die SPÖ, nicht zuletzt vor den Hintergrund des Jubiläumsjahres 2024, wieder zusammenfinde.

Terminkollisionen

Dass offenbar die gesamte Landesspitze der SPÖ Bablers "Comeback-Tour" quasi boykottiert, war eigentlich gar keine große Überraschung. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil hatte sein Fernbleiben schon vorab mit einer "Reise" erklärt. Ob er bei späteren Besuchen Bablers im Herbst dabei sein werde, da wisse er nicht, "ob ich Zeit habe".

In der burgenländischen Sozialdemokratie ist die Begeisterung über Andreas Babler sehr überschaubar. Man zeige im Burgenland ja vor, wie es gehe, hört man vielerorts, der Bund bräuchte nur hinzuschauen und sich ein Beispiel zu nehmen. Aber das passiere eben nicht.

Andreas Babler und einer seiner Mitarbeiter.
Andreas Babler wird bei seinem Besuch in Pinkafeld von seinem Team begleitet – und vom zweiten Vizebürgermeister Adrian Kubat (SPÖ).
Guido Gluschitsch

Auch rote Bürgermeister meldeten sich in der Landespartei mit Kritik, heißt es. Vor allem Tempo 100 – "Des brauchen wir wie an Kropf" –, die Erbschaftssteuer und die Legalisierung von Cannabis seien Reizthemen für die Bürgermeister, weiß ein Funktionär. Und weil das alles parteiintern weder besprochen noch abgesprochen sei, heißt es in der burgenländischen SPÖ, sei Doskozil eben wieder ausgerückt, um seine Position zu erklären.

Heckenschützen

Den Begriff der burgenländischen Heckenschützen will man sich nicht gefallen lassen. "Es geht da um Inhalte und Glaubwürdigkeit, darum müssen diese Themen besprochen sein, bevor man damit rausgeht", sagt ein altgedienter Funktionär, der anonym bleiben möchte. "Wenn die Medien dauernd fragen, wie wir zu dem und zu dem Thema stehen, werden wir die entsprechenden Antworten geben."

Es gehe um die Bedürfnisse der Burgenländerinnen und Burgenländer. Wenn von Bundesseite versucht werde, Parallelstrukturen aufzubauen, werde das mit der burgenländischen Sozialdemokratie nicht funktionieren.

Doskozil und seine Getreuen sind offensichtlich überzeugt, im Besitz der wahren Lehre der österreichischen Sozialdemokratie zu sein. Und daran solle sich auch die Bundes-SPÖ orientieren.

Andreas Babler und Marek Zeliska.
Andreas Babler im Gespräch mit Marek Zeliska, Leiter des SOS-Kinderdorfs in Pinkafeld.
Guido Gluschitsch

Andreas Babler muss in diesen Tagen zur Kenntnis nehmen, dass er mit Hans Peter Doskozil vorerst nicht mehr rechnen kann. Das gibt ihm Doskozil auch klar zu verstehen. Im Sonntagsinterview mit der Kronen Zeitung wiederholte der burgenländische SPÖ-Chef: " Ich habe schon gesagt, dass ich mich aus der Bundespolitik zurückziehe." Er werde weiter kein aktiver Teil der SPÖ mehr sein. Die Aktivitäten am Spielfeldrand werden aber – so wie schon zu Zeiten der damaligen SPÖ-Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner, deren Sturz er initiiert hatte – davon ausgenommen.

Träumer und Kommentator

Doskozil rief vor einigen Tagen wieder wie gewohnt von der Outlinie ins Feld: Mit "Träumereien" Politik zu machen, das liege ihm nicht und funktioniere auch nicht. Er trifft damit genau in Bablers Herz. Denn genau das ist Bablers Grundverständnis: eine "Herzenspolitik", die auch ferne Ziele im Blick hat wie die 32-Stunden-Woche, wie er an zentraler Stelle beim Parteitag proklamiert hatte: "Wir sind also Träumer, wenn wir Kinder aus der Armut holen. Wenn wir für gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit sind, für ein Recht auf einen Arzttermin. Wisst ihr, Träumer ist ein anderes Wort für Sozialdemokraten!"

Den burgenländischen Liebesentzug nimmt er gelassen: "In der Partei muss man es mit kaltem Kaffee aushalten." Was immer er damit auch gemeint haben mag. (Guido Gluschitsch, Walter Müller, 5.9.2023)