Chefredakteure der "Presse" haben ihre Schicksale, das journalistische Leben kann ganz schön hart sein. Der letzte vor dem derzeit amtierenden – oder einer der letzten? –, Rainer Nowak, schreibt in der bunten Sonntags-"Krone" eine Kolumne mit dem Titel Naschmarkt, derzeit abgeschlagen hinter dem Quergedacht des DI Dr. Klaus Woltron, der im vorderen Teil des Heftes rangiert.

Hans Peter Doskozil
"Mir ist brutal vor Augen geführt worden, wie verhasst die Stimmung mir gegenüber ist": Landeshauptmann Hans Peter Doskozil arbeitete in "News" noch einmal den Parteitag auf.
APA Helmut Fohringer

Unterberger wühlt nostalgisch auf

Auf dem Naschmarkt vom letzten Sonntag wurde Andreas Babler mit seinen Steuerplänen in der Klassenkampf-Mottenkiste ertappt. Das wäre in der "Presse" auch erlaubt gewesen, die Kolumne ist also Dichand-kompatibel.

Weiter gebracht hat es der Nowak-Vorvorgänger in der "Presse", Andreas Unterberger. Nach Zwischenstationen in der "Wiener Zeitung" seligen Angedenkens und als journalistischer Heimarbeiter darf er jetzt in "Zur Zeit" aus seinem Leben berichten. Passt.

Diese Woche ging es nostalgisch aufwühlend zu. Bundespräsident Klestil und die Regierungsbildung 1999/2000. Es war Ende 1999: Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac auf Staatsbesuch in Österreich. Bundespräsident Thomas Klestil gab für den Gast ein feierliches Staatsdiner mit den Spitzen der Republik in der Hofburg. Auch ich war als Chefredakteur der "Presse" damals bei Hof noch gelitten und mit meiner Frau geladen, um vom kaiserlichen Service zu speisen.

Jörg Haider speiste mit

Jörg Haider speiste mit. Unser Small Talk wurde nach wenigen Minuten von einem Adlatus unterbrochen: "Herr Landeshauptmann, der Herr Bundespräsident bittet, dass Sie zu ihm und Herrn Staatspräsident in seinen Arbeitsraum kommen mögen."

Ein Moment von größter historischer Tragweite bahnte sich an. Doch dann: Was bei der Begegnung von Klestil, Chirac und Haider selbst passiert ist, wird wohl nie bekannt werden, hat doch keiner der drei später jemals Auskunft gegeben. Und inzwischen sind sie alle tot.

Nur Unterberger lebt, aber den hat niemand gebeten, zum Bundespräsidenten in seinen Arbeitsraum zu kommen. So verlöschen die großen Momente der Weltgeschichte im Nichts von "Zur Zeit".

Kurz sehr, sehr nachdenklich

Doch zurück in die Gegenwart, zu den grausam Verfolgten unserer Zeit: Sebastian Kurz und Hans Peter Doskozil. Kommen Sie zurück, Herr Kurz?, bettelte Conny Bischofberger in der "Krone" voll zager Hoffnung über drei Seiten, aber der ließ sich nur halb erweichen: Ganz sicherlich nicht. Er hat jetzt die Welt im Blick.

Am stärksten emotionalisiert mich, dass im Westen aus meiner Sicht einiges in die falsche Richtung läuft. Diese Leistungsfeindlichkeit zum Beispiel. Und ganz besonders auch diese "Wokeness" , wo uns allen vorgeschrieben wird, was wir sagen, oder manchmal sogar, was wir denken dürfen. Und dann sind da noch die Klimakleber. Da werdenjunge Menschen verführt, Gesetze zu brechen, sich irgendwo hin zu picken, Chaos zu stiften. Das ist aus meiner Sicht ein totalitärer Anspruch und macht mich sehr, sehr nachdenklich. Weniger als sehr, sehr nachdenklich macht ihn die Tatsache, dass Herbert Kickl Ähnliches gesagt hat. Wenn ich in dieser Sache seiner Meinung bin, dann habe ich kein Problem damit.

Doskozil, nachdenklich

Auch wenn es schon länger nicht mehr originell war, konnte "News" diese Woche doch nicht die Finger davon lassen. Wie Hans Peter Doskozil die Schlappe bei der SPÖ-Vorsitzwahl verarbeitet hat und wie er seine Partei heute sieht. Na wie schon, wenn einer klagen muss: "Mir ist brutal vor Augen geführt worden, wie verhasst die Stimmung mir gegenüber ist." Simmering gegen Kapfenberg offenbar nichts gegen SPÖ versus Doskozil. Um keinen Irrtum aufkommen zu lassen: Es ging nicht um die Frage des Gewinnens am Parteitag. Für mich hat sich eher die Frage gestellt: Wie geht es danach weiter?

Wer konnte auch diese Stimmenauszählung ahnen! "Ich hätte nicht erwartet, dass man das Ergebnis der Mitgliederbefragung, bei der ich Erster war, nicht akzeptiert.

Kann es ein schlimmeres Anzeichen von brutalem Hass geben, als wenn jemand auf einer korrekten Stimmenauszählung besteht?

Jeder Demokrat wird das verstehen, aber auch, was Doskozil nach zwei Tagen als SPÖ-Chef unter falschem Ergebnis empfand: Ich war nachdenklich. Was ich als Politiker nicht will, ist ein Ziel zu definieren und dann drei Tage später etwas anderes zu sagen. Das bleibt ihm nun erspart.

Beim Ausseer Kirtag hat Nehammer ein Krügel Bier ex getrunken. "Geile Sau, der Karli", lobte ihn ein User in "Österreich". Wer kein Bier ext, ist nicht normal.

Endlich wissen wir’s. (Günter Traxler, 16.9.2023)