Wien – Wer vom Osten nach Österreich einreist, benötigt in den nächsten Tagen etwas mehr Geduld: Seit Mittwoch kon­trollieren Beamtinnen und Beamte die österreichische Grenze zur Slowakei. Insgesamt elf Grenzübergänge sind davon betroffen. Vorerst zehn Tage lang will das Innenministerium die Kontrollen aufrechthalten. Besonders Augenmerk werde auf Kastenwagen und Kleinlaster gelegt, der Reise- und Warenverkehr solle bei Möglichkeit nicht beeinträchtigt werden, sagt ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage des STANDARD. Die Grenzkon­trollen seien am Mittwoch ohne Vorfälle verlaufen, vereinzelt sei es aber zu Staus gekommen.

Ein Polizist stoppt Fahrzeuge an der Grenze.
Seit Mittwoch wird die österreichisch-slowakische Grenze von den österreichischen Behörden kontrolliert.
APA/HANS KLAUS TECHT

Österreich folgt in seinem Vorgehen anderen EU-Mitgliedstaaten, die Kontrollen zur Slowakei durchführen: Tschechien und Polen überwachen seit Mitternacht die Grenze zu ihrem südlichen Nachbarn. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) betont die Notwendigkeit der Maßnahme, um "die Verlagerung von Routen der Schleppermafia in Richtung Österreich zu verhindern". Die Slowakei verstärkte als Reaktion wiederum die Kontrollen zu Ungarn. Das Vorgehen des Innenministeriums ist nicht neu. Schon vor einem Jahr wurden mit dem gleichen Argument Kontrollen an den Grenzen zur Slowakei gestartet, diese dauerten bis letzten Februar. 24 Schlepper seien in diesem Zeitraum an der slowakischen Grenze gefasst worden.

Die Grenzkontrollen zu und nach Österreich.
Die Grenzkontrollen zu und nach Österreich.
Der Standard/ Fatih Aydogdu

Die Effektivität von Grenzkon­trollen, um gegen Schlepperei und Menschenhandel vorzugehen, ist bei Expertinnen und Experten aber äußerst umstritten. Schärfere Kontrollen würden dazu führen, dass Schlepper andere Methoden anwenden, um Menschen nach Europa zu bringen, betont der Professor für Einwanderungsrecht, Andreas Schloenhardt von der Universität Wien. "Die Bewegungen nach Europa bleiben ja weiterhin. Kontrollen führen dazu, dass sich Schlepper andere Mittel ausdenken", sagt Schloenhardt.

"Keine Lösung des Problems"

Das würde unter anderem für die Personen, die den Schleppertransport in Anspruch nehmen, lebensgefährliche Verstecke in Lastwägen oder Bussen bedeuten. Im Jahr 2015 kam es im Burgenland etwa zu mehr als 70 Toten, als eine Schlepper­bande Personen in einem Kühllaster transportierte. Laut Schloenhardt brauche es auf europäischer Ebene eine Lösung – Grenzkontrollen würden kaum zur Lösung des Problems beitragen und diese nur verlagern. Auch Katharina Beclin von der Plattform gegen Ausbeutung und Menschenhandel blickt kritisch auf die Maßnahme des Innenministeriums. "Je schwieriger der Grenzübertritt wird, umso teurer wird es, und umso mehr müssten die Geschleppten dies dann im Zielland abarbeiten", sagt die Expertin. Ein erschwerter Grenzübertritt fördere deshalb indirekt die Schlepperei.

Ein Polizist verlangt den Ausweis eines Autofahrers.
Augenmerk bei den Kontrollen liege vor allem auf auf Kastenwägen und Kleinlaster, aber auch Pkws werden überprüft.
APA/HANS KLAUS TECHT

Kontrollen seit 2015

Neben der slowakischen Grenze werden vonseiten der österreichischen Behörden seit dem Jahr 2015 auch die Grenzen zu Ungarn und Slowenien kontrolliert. Die Überwachung dieser Grenzen wurde erst im Mai von der Bundesregierung um weitere sechs Monate verlängert.

Zu Italien gibt es seit mehreren Monaten "transiteinschränkende" Maßnahmen auf dem Brenner wie etwa ein Nachtfahrverbot für Lastwägen. Vergleichbare Grenzkontrollen wie zur Slowakei gibt es an der italienischen Grenze aber nicht. Die Grenzen zu Tschechien, der Schweiz und Liechtenstein sind von beiden Seiten ohne Einschränkungen passierbar. Fährt man ins Ausland, kontrolliert bloß Deutschland die Grenze zu Österreich. (Max Stepan, 4.10.2023)