Das Luchsweibchen Sofia, als es ihr noch gut ging.
Das Luchsweibchen Sofia – für alle, die es finden. Sie ist gut getarnt.
APA/WWF/PROGETTO LINCE ITALIA

Klagenfurt/Molln – Ein erst im Februar ausgewildertes Luchsweibchen ist in Kärnten getötet worden. Bei gerichtsmedizinischen Untersuchungen an dem vor einigen Wochen aufgefundenen Kadaver waren eindeutig Geschosspartikel identifiziert worden, berichtete der WWF am Freitag in einer Aussendung. Das Tier war in Tarvisio an der Kärntner Grenze im Zuge eines Wiederansiedelungsprojekts ausgewildert worden. Der WWF forderte nach diesem Vorfall strengere Strafen für Wildtierkriminalität.

Das Luchsweibchen, das auf den Namen Sofia getauft wurde, war aus der Schweiz nach Norditalien umgesiedelt worden, um zusammen mit vier anderen Luchsen die Population in den Südostalpen und die Vernetzung der mitteleuropäischen Luchsvorkommen zu stärken. Zwei Wochen nach ihrer Freilassung sei Sofia im März nach Norden gewandert und habe ein Revier zwischen Villach, Feistritz und Bad Kleinkirchheim besetzt, wie es in der Aussendung hieß. Christian Pichler, Artenschutzexperte des WWF Österreich, sagte: "Gerade bei seltenen Arten wie dem Luchs ist der Verlust jedes einzelnen Tieres ein schmerzlicher Rückschlag und kann das Überleben der Art gefährden."

Ermittlungen laufen

Wer das Tier erschossen hat, darüber könne Pichler nur spekulieren. Die Erfahrung lege mehrere Gründe offen, warum Menschen den Luchs nicht in ihrer Nähe haben wollen. Einige würden ihn als Konkurrenten bei der Jagd ansehen, andere würden Angriffe auf Nutztiere befürchten. Diesen Sorgen widersprach Pichler, nur in seltensten Fällen käme es vor, dass Luchse Nutztiere anfallen, meinte der Experte. In die dritte Kategorie fielen Menschen, die solche Tiere aus Protest töten würden. "Diese Leute sagen, wir wollen keine renaturierte Natur, wir wollen bestimmen, was auf unserem Grund und Boden passiert, nicht Brüssel", fasste Pichler deren Beweggründe zusammen.

Mensch-Wildtier-Konflikte seien europaweit ein Problem bei Wiederansiedelungsprojekten, denn Luchs und andere Wildtiere seien immer wieder Opfer illegaler Verfolgung. "Wilderei muss im politischen und gesellschaftlichen Diskurs als ernstzunehmendes, kriminelles Problem erkannt werden und darf nicht länger den Status eines Kavaliersdelikts haben", forderte Pichler angesichts des aktuellen Vorfalls. Der illegale Abschuss wurde auch von der "Cabina di Regia Lince e Caccia" verurteilt. Der Zusammenschluss von Jägerverbänden in der an Kärnten angrenzenden italienischen Region Friaul-Julisch Venetien hätte die Luchsansiedelung von Anfang an unterstützt.

Nun wird österreichweit ermittelt, wie die Polizei eine Anfrage bestätigte. Dem noch unbekannten Täter drohen bis zu zwei Jahre Haft. In Oberösterreich sind bereits zwei Tiere des Luchs-Zuchtprogramms des Nationalparks Kalkalpen illegal abgeschossen worden.

Ein Jäger und seine inzwischen ehemalige Frau waren 2016 bzw. 2015 in getrennten Strafprozessen rechtskräftig verurteilt worden. Beim Schadenersatz gab es allerdings ein juristisches Hin und Her: Sowohl Straf- als auch Zivilgericht sprachen dem Nationalpark je Angeklagtem bzw. je Luchs 12.101 Euro zu. Die zweite Instanz kippte das jedes Mal, mit der Begründung, man könne für ein Wildtier keinen Schadenersatz verlangen. Erst der Oberste Gerichtshof (OGH) hatte der Revision des Schutzgebietes Folge gegeben und den erstinstanzlichen Schadenersatzzuspruch des Erstgerichts bestätigt. Auch sonst gestaltet sich die Wiederansiedlung des Luchses im Nationalpark Kalkalpen schwierig. Nachgewiesen lebten dort drei weibliche und drei männliche Exemplare. Doch zur Sicherung der Population fehlt seit Jahren der Nachwuchs, da unter anderem das dominante Männchen zeugungsschwach ist. (APA, 6.10.2023)