Wolodymyr Selenskyj vor einer Ukraine-Flagge
Besorgt, dass sein Land nun ein wenig aus dem Fokus der Weltpolitik rückt: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj.
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Kreml-Chef Wladimir Putin hat einen Lauf. Die ukrainische Gegenoffensive gegen die russischen Invasoren kommt kaum voran, Streitigkeiten im US-Kongress blockieren die Unterstützung für Kiew, und nun verschiebt der Angriff der Hamas auf Israel den Fokus der Weltpolitik.

Man sollte nicht hinter allem und jedem den langen Arm Moskaus vermuten. Auch für Russland läuft der Krieg gegen die Ukraine nicht wie geplant. Putins angebliches strategisches Geschick hat sich allzu oft als Trugbild erwiesen, das unter seinen Feinden mindestens so verbreitet ist wie unter seinen Bewunderern. Die Entwicklung aber spielt ihm in die Karten.

Genüsslich kündigt Moskau eine Abkehr des Westens von Kiew an und will damit auch die Menschen in der Ukraine demoralisieren. Die USA und ihre Partner hätten sich lieber auf den Nahostkonflikt konzentrieren sollen, statt sich in der Ukraine einzumischen, erklärte Ex-Präsident Dmitri Medwedew.

Der ukrainische Staatschef Wolodymyr Selenskyj hält mit Parallelen dagegen: Die Terrororganisation Hamas greife Israel an, so wie der Terrorstaat Russland die Ukraine angreife. Und beide seien mit dem – weithin geächteten – Iran verbündet.

Viel Aufmerksamkeit bekommt er damit nicht: Der Kriegslärm in der Ukraine wird derzeit von jenem in Israel übertönt. Der Westen sollte aber genau hinhören. Denn dass Russland ihn ganz direkt herausfordert und eine "neue Weltordnung" anstrebt, das hat der Kreml unmissverständlich klargemacht. (Gerald Schubert, 11.10.2023)