ChatGPT auf Laptop
Zukünftig sollen Hersteller der Produkte von künstlicher Intelligenz für etwaige Schäden haften.
IMAGO/Pixsell

Wer haftet für Schäden und Verletzungen, wenn ein Auto zu brennen beginnt, eine Glasflasche explodiert oder ein Sessel bricht? Laut der Produkthaftungsrichtlinie der EU nicht nur der direkte Verkäufer des Gegenstands, sondern auch der Produzent oder der Importeur. Geht es nach der EU-Kommission, soll dies künftig auch für KI-Produkte gelten. Derzeit ist Software nicht von der Regelung erfasst.

Veraltete Richtlinie

An sich soll die Richtlinie, die ursprünglich aus den 1980er-Jahren stammt, Haftungslücken bei Warenkäufen schließen. Eine Haftung des Verkäufers kommt in der Praxis oft nicht infrage. Schließlich wird man ihm einen Produktfehler meist nicht persönlich vorwerfen können. Haften sollen deshalb auch direkt jene Unternehmen, die den Gegenstand produziert oder sonst in Umlauf gebracht haben.

Allerdings hat die Richtlinie auch ihrerseits beträchtliche Lücken, die in den letzten Jahren immer größer wurden. Erfasst sind nämlich nur "körperliche Sachen" – also Gegenstände –, nicht aber Software und vor allem: künstliche Intelligenz. Der neue Richtlinienentwurf soll diese Lücken schließen. Vergangene Woche einigte sich das Parlament auf ein Verhandlungsmandat. Jetzt beginnt der Trilog mit der EU-Kommission und EU-Rat. Mit einem Ergebnis ist Anfang 2024 zu rechnen.

Lücken bleiben

Aus Sicht von Christiane Wendehorst, Professorin für Zivilrecht an der Universität Wien, ist der Entwurf der Kommission gelungen. Verbesserungsbedarf sieht die Juristin etwa bei der Haftung von Verkaufsplattformen wie Amazon oder Alibaba. Bei fehlerhaften Waren, die zum Beispiel aus China über Plattformen nach Europa verkauft werden, bestünden mitunter Haftungslücken, weil die chinesischen Händler schwer greifbar seien. Die EU-Kommission hat sich allerdings dagegen entschieden, die Plattformen selbst haftbar zu machen.

Gewisse Lücken in der Haftung von KI blieben zudem an anderer Stelle. Zwar soll das Produkthaftungsgesetz künftig auch für Software gelten, Hersteller haften jedoch dann nicht, wenn sie nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik produziert haben. Haftungslücken gibt es zudem bei Schäden jenseits von Tod, Körperverletzung oder Sachschäden, wenn eine KI zum Beispiel eine Person fälschlicherweise als kreditunwürdig einstuft oder sie bei der Jobsuche diskriminiert. (Jakob Pflügl, 19.10.2023)