Ljubljana/Luxemburg – Nach der Ankündigung Italiens, die Grenze zu Slowenien wieder zu kontrollieren, führt auch Slowenien Kontrollen an den Schengen-Binnengrenzen zu Kroatien und Ungarn ein. Die slowenische Regierung gab am Donnerstag grünes Licht dafür. Die Kontrollen an der Grenze zu Kroatien und Ungarn werden ab Samstag für mindestens zehn Tage eingeführt, hieß es laut Medienberichten bei einer Pressekonferenz nach Kabinettssitzung.

Grenzübergang Slowenien
"Wir wollen nicht, dass radikale Personen oder Personen mit terroristischen Absichten über die Westbalkanroute kommen", argumentiert der slowenische InnenministerBoštjan Poklukar die Grenzkontrollen.
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Auch Ljubljana begründet die Wiedereinführung von Grenzkontrollen mit einer erhöhten Terrorgefahr. "Die terroristische Bedrohung in Europa ist hoch. Wir sehen, was in Frankreich und Belgien passiert. Es handelt sich um eine Sicherheitsmaßnahme. Wir wollen auf der Westbalkanroute, wo Fremde die Grenze illegal überqueren, noch zusätzliche Kontrollen an den früheren Grenzübergängen durchführen", sagte Innenminister Boštjan Poklukar dem Nachrichtenportal N1. "Damit werden wir die Sicherheit Sloweniens stärken", fügte er hinzu. "Wir wollen nicht, dass radikale Personen oder Personen mit terroristischen Absichten über die Westbalkanroute kommen. Deshalb wird die Polizei selektiv Kontrollen an den Grenzen zu Kroatien und Ungarn durchführen", sagte er weiters gegenüber dem Privatsender POP TV.

Vorläufige Maßnahme

Die Kontrollen werden laut dem slowenischen Innenminister eine vorläufige Maßnahme sein. Slowenien will sie ähnlich wie Italien zunächst für zwei Monate einführen mit der Möglichkeit einer Verlängerung, bestätigte Poklukar. Am Mittwoch hatte er darüber bereits seine Amtskollegen in den beiden Nachbarländern informiert.

Am Mittwoch wurde wegen der Eskalation im Nahostkonflikt und der verschärften Sicherheitslage in Europa auch in Slowenien die Gefährdungseinstufung wegen Terrorismus von niedrig auf mittel angehoben. Das ist die dritte Stufe auf einer fünfstufigen Skala der terroristischen Bedrohung.

Slowenien hatte bereits Ende September die Polizeikontrollen im Grenzgebiet zu Kroatien wegen der stark gestiegenen Migrationsbewegung verschärft. Zwar kritisierten slowenische Behörden den Schutz der Schengen-Außengrenze durch das neue Schengen-Land Kroatien nicht direkt, sie deuteten jedoch ihre Unzufriedenheit an, indem sie dem Nachbarland immer wieder bilaterale Hilfe bei der Grenzsicherung anboten und zu einem Einsatz der EU-Grenzschutzagentur Frontex aufriefen. "Die Zahl von mehr als 40.000 illegalen Grenzübertritten über die slowenische Grenze (mit Kroatien, Anm.) sagt alles", kommentierte Poklukar am Mittwoch gegenüber "N1". Dabei wies er die Interpretation zurück, dass die jetzigen Kontrollen wegen der Migration eingeführt werden.

Kroatien besteht auf Ausnahme

Kroatiens Premier Andrej Plenkovic, dessen Land seit Jahresanfang Mitglied des Schengenraums ist, stellte die Wiedereinführung der Grenzkontrollen durch Slowenien in Kontext der jüngsten italienischen Entscheidung, die Grenze zu Slowenien wieder zu kontrollieren, und der Eskalation im Nahen Osten. "Eine der Folgen der Situation im Nahen Osten ist die Entscheidung einiger EU-Länder, wegen der Terrorbedrohung und der nationalen Sicherheit zusätzliche Maßnahmen zu ergreifen", sagte er am Donnerstag laut kroatischen Medien.

"Schengen ist nicht fertig, es hat aber ein Problem", betonte Plenkovic mit Blick darauf, dass mittlerweile neun Länder die Binnengrenzen kontrollieren. Er forderte, dass diese vorübergehende Maßnahme eine Ausnahme bleiben und an strenge Bedingungen bezüglich des Umfangs und der Dauer geknüpft sein sollte. Kroatiens Innenminister Davor Božinovic erwartet unterdessen, dass Slowenien keine strengen Kontrollen ausführen werde.

Karner verteidigt Kontrollen in Österreich

Unterdessen hat Österreichs Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zusammen mit seiner deutschen Kollegin Nancy Faeser jüngst eingeführte Grenzkontrollen im Schengen-Raum verteidigt. In Österreich gibt es seit Oktober Kontrollen am Grenzübergang zur Slowakei, Deutschland kontrolliert derzeit die Grenzen zu Polen, Tschechien und der Schweiz.

Schengen sei "nicht tot, aber kaputt" und müsse repariert werden, sagte Karner am Donnerstag bei einem Treffen der EU-Innenminister in Luxemburg. Mit dem EU-Asyl- und -Migrationspakt sei man auf einem guten Weg. Bis dieser steht, brauche es aber Grenzkontrollen.

Wenn Österreich Grenzkontrollen einführt, geschehe dies "immer in enger Abstimmung mit unseren Nachbarn", sagte Karner. Ziel sei es nicht, "Pendler zu ärgern", sondern gegen Schlepper vorzugehen. Sehr ähnlich äußerte sich Faeser. Der Migrationspakt müsse umgesetzt werden, "dann kann Schengen auch wieder normal funktionieren". (APA, red, 19.10.2023)