Bis April 2024 befindet sich "Der Standard" noch unter kollektiver Führung, aber es tut sich was im heimischen Journalismus. Und wie! Die Ankündigung eines neuen Chefredakteurs aus Vorarlberg hat unter den Postern dieses Blattes für manche vorauseilende Vorbehalte gesorgt, möglicherweise aus Sorge um die "Vorarlberger Nachrichten", die ihn dann entbehren müssen. Die ist unbegründet, gibt es dort doch schon eine Nachfolgerin, von der der Chef Eugen A. Russ schwärmt: "Ihr beeindruckender Werdegang, ihr Engagement für unabhängigen Journalismus, gepaart mit einer herausragenden technologischen und finanziellen Expertise, positionieren sie ideal, um die VN und Russmedia Österreich in die Zukunft zu führen." Er muss es wissen, die 32-Jährige ist seine Tochter.

Noch am selben Donnerstag schlug Frau Dichand zurück. Vorhang auf für das neue Heute.at, hieß es auf Seite 3 des alten Heute print, wo auf Seite 1 auch gleich das Große "Heute"-Gewinnspiel für alle angepriesen wurde, die vielleicht mehr an Preisen im Wert von Euro 55.000 interessiert sind als an einer Medienzukunft à la Dichand. Die zieht nicht ohne einen leichten Hang zu Größenwahn herauf, der auf dem Verschenken von Zeitungen beruht. Reichweite bedeutet Relevanz – und anders als Nischenmedien, die ihre Klientel bedienen, ist "Heute" auch als digitale Marke eines der letzten großen Lagerfeuer im Land, um das sich alle gerne versammeln. Der "Heute"-Chefredakteur als letzter wahrer Romantiker in einer Gesellschaft, in der nacktes Gewinnstreben als Dienst an der Gesellschaft verkauft wird, analog wie digital.

"Bester Journalismus mit bester Ausbildung"

Vorangegangen ist, wie soll es anders sein, die "Kronen Zeitung". Bester Journalismus mit bester Ausbildung, schwärmte das Blatt am Sonntag von sich selbst, genauer von der Hans-Dichand-Akademie. Kernstück dabei: der zweisemestrige Lehrgang in Kooperation mit der Fachhochschule Joanneum Graz. Hier wird unseren Mitarbeitern eine akademische Ausbildung angeboten. Nun ist der zweite Lehrgang in trockenen Tüchern – weitere sieben Absolventen dürfen sich "akademische Journalisten" nennen.

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"Bester Journalismus mit bester Ausbildung", schwärmte die "Kronen Zeitung".
APA/ROLAND SCHLAGER

In zwei Semestern akademischer Journalist! Staberl dürfte sich im Grab umdrehen vor Neid, für den Titel eines "akademischen Journalisten" zu früh gelebt zu haben und stattdessen gezwungen gewesen zu sein, in trockenen Tüchern am vorletzten großen Lagerfeuer im Land seine kolumnistischen Erdäpfeln braten zu müssen. Für Michael Jeannée hingegen tut sich hier eine Chance auf, seine stilistischen Künste akademisch aufzufetten. Es wären ja nur zwei Semester.

In das Eigenlob kann der kaufmännische Geschäftsführer der FH Joanneum nur einstimmen. "Die Kooperation mit der ,Krone‘ passt sehr gut zur Strategie unserer Hochschule, in einer branchenorientierten Zusammenarbeit unsere Expertise einzubringen", meinte er. Leicht wird es künftig nicht sein, herauszufiltern, was im Blatt eigene Fechsung der "Krone", und was die eingebrachte Expertise der Fachhochschule Joanneum ist.

Positive Berichterstattung

Aber die Kronen Zeitung präsentiert auch den 25. Österreichischen Journalistinnenkongress, wo es um die Frage gehen soll: Ist vielleicht das Verlassen der Negativspsirale, also die Hinwendung zu positiver Berichterstattung zielführend? Das kommt natürlich immer auf das Ziel an. Sollte es in bloßer Gewinnmaximierung bestehen, wäre von einer Hinwendung zu positiver Berichterstattung eher abzuraten. Ein schwacher Trost: Die Breakout Sessions und die beliebten Tischgespräche mit den Living News – moderiert von unseren YoungStars – runden das vielseitige Kongressprogramm ab. Das ist besser als jedes Lagerfeuer.

Aber um auch ein ernstes Thema anzuschneiden: Comeback nach einem Freispruch?, fragte neulich "Die Presse", und eh schon wissen, um wen es ging. Manches spräche dafür, dass er im Falle eines Freispruchs zurück in die Politik kommt, einiges dagegen, orakelte das Blatt. Da war der "Trend" schon weiter. Die verbliebenen Message-Controleure im Kanzleramt tun alles, um Brunner politisch kleinzuhalten. Der will sich aber angeblich nicht kleinhalten lassen. In den vom ÖVP-Arbeitnehmerflügel ÖAAB beherrschten Kanzleramtskreisen wird freilich mehr denn je das Ondit verbreitet, Brunner könnte sich mithilfe des Wirtschaftsbundes zum Retter der ÖVP und des Kanzlersessels aufschwingen.

Männer, die sich zum Retter der ÖVP und des Kanzlersessels aufschwingen wollen, sollten lieber an Othmar Karas denken. (Günter Traxler, 22.10.2023)