Da ist sie also nun, die Quest 3. Mit der auf Metas Hausmesse Connect vorgestellten All-in-One-VR-Brille will man den veritablen Flop, den man mit der Quest Pro hingelegt hat, wohl vergessen machen. Dazu kann man sich im Vorfeld des Launches von Apples teurer Vision Pro weiter als Platzhirsch auf dem Markt für "leistbare" Headsets einzementieren.

Mit 549 Euro für die Version mit 128-GB-Speicher (699 Euro für 512 GB) kostet die Quest 3 zwar deutlich mehr als der Vorgänger, sie soll dafür aber deutlich mehr als ein reines Performanceupgrade sein. Genauer gesagt ist die Bezeichnung VR-Brille auch nicht mehr passend, denn dank Außenkameras mit hoher Auflösung und Farbwiedergabe ist nun auch Mixed Reality (MR) möglich, also die Vermischung digitaler Inhalte mit der realen Umgebung. DER STANDARD hat sich an den Test gewagt.

Produktfoto der VR/AR-Brille Meta Quest 3
Die Quest 3 nebst beiden Controllern.
DER STANDARD/Pichler

Nächster Antritt des Platzhirschs

Einleitend ist festzuhalten, dass der Marktdruck eher gering ist. Bei Stand-alone-Brillen hat die Quest-Reihe kaum Rivalen. Trotz kompetitiver Preise finden sich etwa die Produkte des Konkurrenten Pico in der Hardwarestatistik von Steam weit abgeschlagen, was zumindest ein Indiz dafür ist, dass sich auch die Verkaufszahlen deutlich unterscheiden. Drei Jahre nach der Quest 2 und dem letztjährigen Quest-Pro-Debakel wollte man bei Meta aber wohl kein Risiko eingehen. Immerhin geht es ja auch darum, Mark Zuckerbergs Vision des Metaverse am Leben zu halten.

Äußerlich hat sich auf den ersten Blick nicht viel getan. Die Vorderseite ist immer noch ein eher generisch wirkender weißer Klotz in Taucherbrillenform, der aber diesmal durch drei "Augen" für Kameras und Tiefensensor zumindest ein herausstechendes Designmerkmal mitbringt. Das Gerät ist außerdem erheblich schmaler geworden, wiegt aber dennoch mit 515 Gramm um zwölf Gramm mehr als der Vorgänger. Diese Verlagerung des Schwerpunkts und das verbesserte Kopfband mit zwei Verbreiterungsriemen an der Hinterseite sorgen für höheren Tragekomfort.

Produktfoto der VR/AR-Brille Meta Quest 3
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Wer die Quest 3 aber wirklich bequem tragen will, sollte über die Anschaffung des Elite Strap oder Alternativen dazu von Drittherstellern nachdenken. Diese gibt es auch mit integriertem Zusatzakku für längere Spielzeit. Der integrierte Lithium-Polymer-Akku fällt mit 19,44 Wh an Kapazität deutlich größer aus als jener der Quest 2 mit 14 Wh. Dieser Bonus wird allerdings von neuen Features und besserer Performance gefressen, denn die durchschnittliche Laufzeit wird mit 2,2 Stunden gelistet.

Eine realistische Angabe: Je nachdem, wie anspruchsvoll die genutzten Spiele und Apps sind, bewegt sich die Laufzeit zwischen etwas unter zwei und rund 2,5 Stunden. Aufgeladen wird der Akku über den USB-C-Port der Brille, wobei Schnellladen mit maximal 18 Watt Leistung möglich ist. Ein passendes Ladegerät und -kabel sind im Lieferumfang enthalten.

Flotterer Chip, komfortabler Passthrough

Als Rechenherz der neuen Brille kommt der Snapdragon XR2 Gen2 zum Einsatz. Dank neueren Fertigungsverfahrens soll er deutlich energieeffizienter arbeiten und bis zu 2,5-mal mehr Leistung erbringen können als der XR2 Gen1 der Quest 2. Dazu ermöglicht er erweiterten Passthrough, unterstützt Wifi 6e und auch den kommenden Wifi-7-Standard. An Bord ist außerdem auch Bluetooth 5.3. Wer die integrierten Kopfhörer nicht nutzen will, kann also auch die Earbuds seiner Wahl verwenden. Weiterhin gibt es aber auch einen 3,5-mm-Ausgang für konventionellere Lösungen. Neben dem Ein/Aus-Button finden sich entlang des unteren Brillenrands auch noch eine Lautstärkewippe sowie ein Rad für die mechanische Anpassung der Linsenpositionierung an den Augenabstand.

Was in Zukunft sehr wichtig werden könnte, ist außerdem Game Super Resolution (GSR). Ähnlich wie Nvidias DLSS, Intels XeSS oder AMDs FSR handelt es sich um ein Feature der Grafikeinheit, die mittels KI-Frames mit niedriger Auflösung in hohe Auflösung mit möglichst geringem Qualitätsverlust hochrechnen und gleichzeitig nachschärfen kann. Das schont Performanceressourcen und bietet das Potenzial für grafisch aufwendige Games, ohne die Hardware in die Knie zu zwingen. Der neue Prozessor wurde außerdem mit etwas mehr Arbeitsspeicher (8 statt 6 GB) versorgt.

Produktfoto der VR/AR-Brille Meta Quest 3
Die neuen Controller kommen ohne einen Infrarotring aus.
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Die zwei Controller wurden ebenfalls überarbeitet. Griffform und Tastenanordnung bleiben zwar nahezu unverändert, allerdings gibt es den klobigen Ring nicht mehr, in dem dereinst Infrarotdioden untergebracht waren. Das verringert das Gewicht, erhöht aber auch das Risiko, sich die Hand anzustoßen, falls man versehentlich die Grenzen des festgelegten Spielbereichs missachtet.

Die Einrichtung der Brille geht mithilfe eines Smartphones oder eines PCs recht einfach vonstatten und setzt einen Meta-Account voraus, der aber zumindest nicht mehr an Facebook gekoppelt ist. Dank Kamera-Passthrough muss man bei der Inbetriebnahme auch nicht mehr die Brille abnehmen, um Bestätigungscodes und dergleichen zu lesen. Mit etwas Mühe geht das nun auch so. Die Qualität des Kamerabildes ist bei Tageslicht gut, aber nicht umwerfend. Mit größeren Kontrastunterschieden hat sie ihre Mühe. Unter Kunstlicht verschlechtert sich die Darbietung merkbar, und stellenweise gut sichtbares Rauschen schleicht sich ein.

Besagter Passthrough erlaubt es nun auch, die eigene Umgebung als "Basis" zu nutzen. Wer möchte, kann stattdessen aber auch weiter in eine von zahlreichen VR-Umgebungen eintauchen. Der Blick durch die Kamera ist allerdings vorteilhaft, denn er sorgt zwischen VR-Erlebnissen immer wieder für kurze Erholungspausen für das Gehirn, das auf die immer wieder auseinanderklaffenden Eindrücke der virtuellen Welt und der körperlichen Erfahrung schon einmal mit Übelkeitserscheinungen reagieren kann.

Dazu kann man so auch unmittelbar auf die Umgebung reagieren oder sich etwas zu trinken genehmigen, ohne dafür die Brille abnehmen zu müssen. Unabhängig davon ist es aber freilich empfehlenswert, nach einer längeren Session die Quest 3 für eine kurze Weile ganz abzusetzen.

Anspruchsvollere Games wie "Dungeons of Eternity" mit physikbasierten Kämpfen laufen auf der Quest 3 stabil mit 120 Hz.
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Anpassungsdefizite

Um die Umgebung gut für Mixed Reality nutzen zu können, muss diese allerdings im System eingerichtet werden. Dabei reicht es nicht mehr, wie für reine VR-Anwendungen einfach am Boden einen Spielbereich zu markieren. Stattdessen geht man für eine grundlegende Vermessung und automatische Erkennung von Boden, Wänden und Decke den Raum ab, während der Time-of-Flight-Tiefensensor seine Arbeit verrichtet und das Vermessungsergebnis als 3D-Gitternetz anlegt.

Sind die Basics erfasst, kann man manuell auch noch Blöcke für Sofa, Tische, Kästen und andere Hindernisse bzw. Möbelstücke anlegen, die im MR-Modus berücksichtigt werden. Das Gitternetz selbst lässt sich allerdings nicht bearbeiten, dementsprechend sollte man die Umgebung vor der Erstbegehung aufräumen, da sich sonst etwa der Wäschehaufen auf der Couch (der Autor dieser Zeilen ist schuldig im Sinne der Anklage) solange verewigt, bis man den Raum komplett von neuem einrichtet. Hier wären Manipulationsmöglichkeiten für das Gitternetz wünschenswert, ebenso auch bessere Nachbearbeitungsmöglichkeiten für angelegtes Mobiliar.

Und wenn wir schon bei Kritik sind: Auch für die Menüführung sollte sich Meta was einfallen lassen. Das Interface der zu VR-Zwecken umgebauten Android-Firmware ist um einiges umständlicher gehalten, als es sein müsste.

Produktfoto der VR/AR-Brille Meta Quest 3
Der Autor hat seine Quest 3 bereits mit einem neuen Kopfband für besseren Tragekomfort aufgerüstet.
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Viel MR-Potenzial, wenige Apps

Zur Demonstration von Mixed Reality findet sich ein kleines Spiel namens "First Encounters" vorinstalliert auf der Quest 3. Dieses lässt ein Raumschiff durch die Decke brechen, das dem Spieler eine Blasenpistole mitbringt. Anschließend muss mit dieser Bewaffnung mehrere Minuten lang ein Ansturm an quastenartigen Außerirdischen abgewehrt werden, wobei deren verschiedene Farben für Kombos genutzt werden können, um einen höheren Highscore zu erzielen. Wer danebenschießt und die Wand trifft, erzeugt damit ein weiteres Loch. Nach und nach wird dabei das Panorama eines fremden Planeten sichtbar, von dem aus die Aliens in das eigene Zimmer hüpfen.

Das Herumlaufen in den eigenen vier Wänden, um extraterrestrische Fluffbälle einzufangen, die hinter einem Tisch gelandet sind, gibt einen ersten Ausblick darauf, was hier alles möglichen werden könnte. Digitale Brettspiele am echten Tisch, Fitnesstraining mit spektakulärem Ausblick, 3D-Kunstwerke oder Modelle für Einrichtungs- und Bildungszwecke. Und natürlich jetzt auch schon eine virtuelle Heimkinoleinwand, die sich frei positionieren lässt.

"First Encounters" im Wohnzimmer.
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Allerdings fehlt es noch an einem üppigen App-Angebot, das sich den neuen Passthrough zunutze macht. Ein Zustand, den mit Sicherheit auch das ausgebliebene Interesse an der Quest Pro mitverursacht hat, der sich nun aber verbessern sollte. Das Pro-Modell ist nun praktisch als obsolet anzusehen. Der Quest 3 fehlt im Vergleich nur das Eyetracking, das sich für Foveated Rendering (detaillierte Grafikberechnung nur im aktiven Sichtbereich des Nutzers) anbietet, und auch die RAM-Bestückung fällt niedriger aus. Sie hat dafür den schnelleren Prozessor und bietet sogar eine höhere Auflösung.

Ihr LC-Display schafft 2.064 x 2.208 Pixel pro Auge (Quest 2: 1.832 x 1.920 Pixel, Quest Pro: 1.800 x 1.920). Die Steigerung mag auf dem Papier nicht groß wirken, im Vergleich ist die um 30 Prozent höhere Pixeldichte aber durchaus erkennbar. Das horizontale Sichtfeld beträgt nun 108 statt 104 Grad, vertikal ist die Steigerung von 98 auf 98,25 Prozent vernachlässigbar. Der "Taucherbrilleneffekt" ist insgesamt nicht mehr so stark ausgeprägt, aber immer noch klar vorhanden.

Wesentlich bedeutender ist der Umstieg von günstigen Fresnel-Linsen auf Pancake-Linsen. Diese leisten nicht nur einen Beitrag zur flacheren Bauform der Brille, sondern sorgen für deutlich verringerte Verzerrungen entlang des Sichtfeldrandes.

Starkes VR-Werkzeug

Das macht sich natürlich nicht nur in der Mixed Reality bemerkbar, sondern auch bei VR-Apps und -Spielen. Und die lassen sich nun auch fast immer in den 120-Hertz-Bildwiederholrate spielen, die das Display unterstützt. Auch die Quest 2 bot bis zu 120 Hz, musste aber zur Wahrung der Leistungsressourcen öfter auf 60 bis 90 Hz zurückstecken.

Was sich schon auf dem Vorgänger gut spielen ließ, lässt sich nun noch besser spielen. Einerseits weil dank der höheren Auflösung alles etwas detaillierter und schärfer wirkt, andererseits weil sich nun hohe Detailstufen ohne Drosselung der Bildwiederholrate genießen lassen. Das Tracking der Controller klappt nun gefühlt etwas besser, dazu scheint auch der Bereich, in dem die Brille sie auch außerhalb des Sichtfelds noch verorten kann, gewachsen zu sein.

Auch als Brille für VR auf dem PC lässt sich die Quest 3 gut nutzen. Hier zu sehen: ein Screenshot aus "Half-Life: Alyx".
DER STANDARD/Pichler

Wer statt der Controller lieber die Hände nutzt, kann weiterhin auf Handtracking zurückgreifen, das dank der neuen Sensorbestückung auf der Quest 3 genauer arbeitet. Gerade Games wie der mit physikbasierten Kämpfen gespickte Dungeoncrawler "Dungeons of Eternity" machen auf der neuen Hardware viel Freude.

Nach wie vor beeindruckend ist, wie gut der Sound trotz der kleinen Lautsprecher in den "Bügeln" klingt und wie genau sich Geräusche in Sachen Richtung und Entfernung verorten lassen. Ob man hier die Quest 2 aussticht, lässt sich subjektiv schwer einschätzen. Eine Verschlechterung ist es aber keinesfalls. Positiv fällt auf, dass der in der Brille verbaute Lüfter nur in stillen Momenten leise hörbar ist und sonst komplett im akustischen Geschehen untergeht.

Ebenso scheint die Brille innen nicht mehr so einfach anzulaufen. Verwendete der Autor dieser Zeilen bei der Quest 2 noch einen eigenen Adapter mit Be- und Entlüftungsschlitzen, ist das nun – zumindest bei üblichen Raumtemperaturen – nicht mehr notwendig.

Weiterhin gut funktioniert die Brille auch als VR-Headset für den eigenen Computer. Der Testlauf des Kollegen Benjamin Brandtner mit kabelloser Anbindung per Questlink für SteamVR klappte ohne Probleme. Und auch das drahtlose VR-Erlebnis über die Bezahllösung Virtual Desktop (ein Workaround für Nutzer von Intel-Arc-Grafikkarten, deren Treiber noch keinen nativen VR-Support hat) klappte bei einem zweistündigen Ausflug in "Half-Life: Alyx" einwandfrei.

Der Redakteur Georg Pichler trägt eine Meta Quest 3
Auch die Quest 3 ist eher kein Gadget, das man in der Öffentlichkeit tragen will.
DER STANDARD/Pichler

Fazit

Wer ein gutes All-in-One-VR-Headset möchte, das sich auch mit dem eigenen PC nutzen lässt, kommt an der Quest 3 schwer vorbei. Trotz des höheren Preises lässt sich selbst ein Upgrade von der Quest 2 rechtfertigen, dafür sorgt die potentere Hardware in Verbindung mit dem neuen Passthrough-Modus, der die meisten Umständlichkeiten in der Handhabe beseitigt.

Der Mixed-Reality-Einsatz ist vielversprechend, allein es fehlt noch am passenden App-Angebot abseits von ein paar 3D-Zeichen- und Modellierapps. Hier schlummert noch Potenzial, das hoffentlich von Meta selbst und findigen App-Entwicklern genutzt werden wird.

Zum Retter des Metaverse wird die Quest 3 allerdings nicht werden. Das liegt daran, dass Zuckerbergs Vision von Arbeit und Vergnügen in VR und MR mit der heutigen Technologie noch nicht sinnvoll umsetzbar ist und viele Menschen auch nicht ansprechen dürfte. Der Versuch, den Nutzern das Konzept über Horizon Worlds schmackhaft zu machen, scheint auch nicht zu funktionieren. Verschiedenen Berichten zufolge besteht das in Österreich und Deutschland noch nicht verfügbare Portal vorwiegend aus virtuellen Welten ohne Besucher.

Die Brille selbst ist für diesen Zustand nicht verantwortlich. Sie bietet ein gutes Gesamtpaket, das VR-Fans viel Freude bereiten kann. (Georg Pichler, 21.10.2023)