Christian Pilnacek
Sein Tod verursachte zahlreiche Reaktionen: Ehemaliger Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek.
APA/HELMUT FOHRINGER

Angesichts des Todes ist alles lächerlich. Das hat Thomas Bernhard einmal gesagt. Angesichts des Todes machen sich auch manche Kommentatoren lächerlich.

Das wurde in den letzten Tagen offenbar. Journalisten, Ex-Politiker und ganz "normale" Internet-Hater haben sich angesichts des Todes von Christian Pilnacek, dem prominenten und zuletzt suspendierten Spitzenbeamten im Justizministerium, gegenseitig in befremdlichen Äußerungen übertroffen.

Auch wenn es in Zeiten wie diesen leicht in Vergessenheit geraten kann: Es gibt nichts Kostbareres als das Leben und nichts Endgültigeres als den Tod.

Geburt und Sterben sind auch etwas höchst Privates. Oder sollten es sein. Wenn ein Mensch also geht, darf man auch einmal kurz innehalten.

Weil man vielleicht gar nicht die ganze Geschichte kennt, die man angesichts eines elegischen Schaffensdrangs der Welt erzählen zu müssen glaubt. Weil man in keinen Menschen hineinschauen kann. Weil man den Hinterbliebenen Empathie und Rücksicht gewähren könnte. Oder einfach, weil man die elementarsten Grundsätze der Berichterstattung in persönlichen Krisensituationen befolgt: nicht über Suizid spekulieren, nicht anprangern, nicht verharmlosen, die Würde des Einzelnen wahren und nicht vorschnell urteilen.

Wenn der Verstorbene ein prominenter Mensch war, ein Mensch, der viel Macht hatte, wird die Zeit ohnehin kommen, da man sein Wirken, seine Stärken und seine Fehler einordnen kann und soll.

Doch man kann auch Betroffenheit und Beileid bekunden, ohne eilends nach einer Möglichkeit zu greifen, sich als Opfer des Rechtsstaates zu inszenieren. Wie etwa Ex-Kanzler Sebastian Kurz, derzeit angeklagt in einem laufenden Strafrechtsverfahren, der am Wochenende via Social-Media-Posting auch Pilnacek nebenbei zum mutmaßlichen Opfer des Rechtsstaates erklärt hatte.

Und man soll, und das gilt für alle, die ihre Meinung auf diversen "sozialen" Plattformen publizieren, den Tod eines Menschen auch nicht dafür missbrauchen, um über andere mit Vorwürfen, Hass und sogar Drohungen herzufallen – die man sonst ohnehin auch über sie ergießt.

Man muss nicht, sogar angesichts des Todes, versuchen, immer der Erste zu sein. (Colette M. Schmidt, 22.10.2023)