Gruppe stößt mit Bier an
Die Brau Union warb mit einem Bier, das "CO2-neutral" gebraut werde. Verbraucherschützer zogen dagegen erfolgreich vor Gericht.
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Kann ein Bier CO2-neutral gebraut werden? Können Flüge nach Italien tatsächlich nachhaltig sein? Mit diesen Fragen beschäftigten sich kürzlich Österreichs Gerichte – und sie kamen in beiden Fällen zu klaren Ergebnissen: Sowohl eine Werbung des Bierproduzenten Gösser als auch Plakate der AUA beurteilten die Richter als "Irreführung". Man könnte auch sagen: als Greenwashing.

Irreführende Versprechen

Kaum ein Unternehmen kommt in seiner Werbung heutzutage noch ohne Begriffe wie "ökologisch", "nachhaltig", "klimaneutral" oder gar "klimapositiv" aus. Klagsverbände wie der Verein für Konsumenteninformation (VKI) oder Konkurrenten ziehen deshalb zunehmend gegen irreführende Werbung vor Gericht. Und neue EU-Regelungen sollen mit allzu grünen Versprechungen nun endgültig aufräumen.

Als Werkzeug dient den Klägerinnen und Klägern bisher stets das Wettbewerbsrecht, das eine "Irreführung" von Verbrauchern verbietet. Es ist also nicht so, dass es – wie etwa bei der Tabakwerbung – genaue staatliche Verbote gibt. Vielmehr müssen in erster Linie entweder Konkurrenten oder Klagsverbände wie der VKI aktiv gegen Unternehmen ins Feld ziehen, erklärte Michael Borsky vergangene Woche bei einer Klimakonferenz im Wiener Burgtheater. "Künftig wird es noch mehr solche Fälle geben", sagt der Rechtsanwalt im Gespräch mit dem STANDARD. "Praktisch alle werben mit dem Klima."

Schwarze Liste erweitert

Die Rechtsprechung zu Greenwashing sei in Österreich ihrer Zeit voraus gewesen, erklärt Borsky. Schon im Jahr 2012 hielt das Höchstgericht fest, dass umweltbezogene Angaben als irreführend gelten, wenn sie nicht überprüfbar sind.

Auch die neue Richtlinie der EU baut auf dem Wettbewerbsrecht auf, das im Hinblick auf irreführende Werbung verschärft werden soll. Künftig wird explizit verankert, dass grüne Versprechen kritisch zu sehen sind. Auch die "schwarze Liste" an Tatbeständen, die jedenfalls "irreführend" sind, wird erweitert. Dazu zählen derzeit etwa entgeltliche Werbeeinschaltungen, die nicht als solche gekennzeichnet sind. Künftig wird die Liste um zehn weitere klimabezogene Verbote verlängert. So sollen Unternehmen etwa erfundene Nachhaltigkeitssiegel nicht mehr verwenden dürfen.

Die Verhandlungen zwischen dem EU-Rat und dem EU-Parlament sind so gut wie abgeschlossen. Borsky geht davon aus, dass das neue Regelwerk im kommenden Jahr in Kraft treten kann. Bis zur Umsetzung wird es aber noch dauern: Da es sich um eine EU-Richtlinie handelt, bleibt die konkrete Umsetzung den Nationalstaaten vorbehalten. Üblicherweise bekommen sie dafür eine Frist von zwei Jahren.

Neue Vorgaben

Die neuen Vorgaben könnten jedoch schon viel früher in die Praxis durchschlagen. Gerichte, die mit Fällen von Greenwashing konfrontiert sind, können sich in Urteilen nämlich schon jetzt an den Vorgaben orientieren. Zumindest für Österreich gilt zudem, dass die EU die bisherige Rechtsprechung nicht auf völlig neue Beine stellt, sondern bisherige Tendenzen verstärkt.

"Natürlich hat das Greenwashing-Verbot ein anderes Gewicht, wenn es explizit verankert ist", sagt Borsky. In Ausarbeitung ist derzeit auch eine zweite EU-Richtlinie, die die Europäische Kommission erst Anfang dieses Jahres vorgeschlagen hat. Demnach soll es Unternehmen künftig ermöglicht werden, bestimmte Werbungen schon vorab von einer staatlichen Prüfstelle absegnen zu lassen. "Es dürfte eine Herausforderung werden, hier einheitliche Standards zu etablieren", gibt Borsky zu bedenken.

Werbung notwendig

Aus Sicht des Anwalts ist Greenwashing gleich auf zwei Ebenen bedenklich. Zum einen spart es Unternehmen echte Investitionen in Nachhaltigkeit. Zum anderen können sich Verbraucher beim Konsum in die "Hängematte" legen.

Ganz wird Werbung freilich auch künftig nicht ohne Hinweise auf Umweltverträglichkeit und CO2-Ausstoß auskommen, wie die AUA in einer Reaktion auf das Urteil klarstellte. Schließlich müsse man – schon um die eigenen Klimaziele zu erreichen – Verbraucher über nachhaltigere Alternativen informieren. (Jakob Pflügl, 23.10.2023)