Selbstverständlich haben die Meinungsfreiheit, die Kundgebungs- und Versammlungsfreiheit für alle zu gelten. Es kann nicht sein, dass die Polizei oder, noch schlimmer, eine politische Behörde entscheidet, wer demonstrieren darf und wer nicht, welche Meinung gut ist und welche wir nicht hören wollen. Die Grenze dessen, was zulässig ist, zieht das Gesetz, unabhängig von der jeweiligen Stimmungslage.

Wien, am 11. Oktober: Auf dem Stephansplatz fand eine Pro-Palästina-Demonstration statt, auf dem Ballhausplatz ein Gedenken für die israelischen Opfer.
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Es schafft ein ungutes Gefühl, wenn auf dem Heldenplatz Solidarität mit Israel demonstriert wird, die Toten und das Schicksal von 240 entführten Menschen beklagt werden, und gleichzeitig auf dem Stephansplatz eine Spontankundgebung der Hamas-Versteher stattfindet. Aber: Das Leid der Zivilbevölkerung ist auf beiden Seiten beklagenswert. Und man kann Position beziehen, für die eine Seite und für die andere. Die Komplexität der Lage ist nicht allen zumutbar. Es herrscht Krieg im Nahen Osten. Der spiegelt sich auch bei uns wider.

Was allerdings gar nicht geht: dass die Hamas-Terroristen bei uns verherrlicht werden; dass Fahnen von Mörderbanden wie dem Islamischen Staat geschwenkt werden; dass Juden der Tod und Israel die Vernichtung gewünscht wird. Das ist keine freie Meinungsäußerung, das ist strafbar und gehört geahndet. Da muss die Polizei durchgreifen, dazu braucht sie Kapazitäten und offenbar auch mehr Expertise. Diesen giftigen Antisemitismus können wir auf den Straßen nicht dulden. (Michael Völker, 3.11.2023)