Die Wiener ÖVP musste am Montag eine "Abkehr" vom ursprünglichen Plan eingestehen: In Hietzing wurde Kandidatin Johanna Sperker von der Partei bereits als neue Bezirksvorsteherin nominiert. Nun soll am Dienstag doch ihr Konkurrent Friedrich Nikolaus Ebert von einer Mehrheit der ÖVP-Mandatarinnen und -Mandatare gewählt werden.
APA/ROLAND SCHLAGER

Der heftig geführte parteiinterne Streit in der Hietzinger ÖVP, der vergangene Woche um die Nachfolge von Bezirksvorsteherin Silke Kobald entbrannt ist, hat auch eine veritable Krise in der Wiener Landespartei zur Folge. Immerhin mussten die Spitzen der Wiener ÖVP um den türkisen Parteichef Karl Mahrer im Machtkampf schlichtend mit einem Mediationsverfahren eingreifen: Aber auch eine Krisensitzung des Parteipräsidiums am Freitag sowie weitere Gespräche am Wochenende, die am Montag fortgesetzt wurden, brachten zunächst keinen Ausweg aus dem Dilemma.

Erst am späten Nachmittag wurde von Landesgeschäftsführer Peter Sverak ein Ergebnis präsentiert: Demnach übernimmt nicht die vom Bezirksparteivorstand bereits nominierte ÖVP-Bezirksparteichefin Johanna Sperker den Vorsteherposten, sondern der langjährige Bezirksrat Friedrich Nikolaus Ebert. Dieser hatte zuletzt unter den ÖVP-Bezirksräten eine Rebellion angezettelt und Unterschriften gegen Sperker gesammelt. Die Entscheidung der ÖVP sei eine "Abkehr von der ursprünglichen Nominierung Sperkers", räumt Sverak im Gespräch mit dem STANDARD ein. Formell soll Ebert, der im schwarzen Wirtschaftsbund engagiert ist, am Dienstag im Bezirksparlament zumindest von einer Mehrheit der Hietzinger ÖVP-Bezirksräte gewählt werden. Er war Vorsitzender des Bauausschusses im Bezirk.

Mahrer hatte Sperker schon gratuliert

Offiziell heißt es vonseiten der Wiener ÖVP, dass die "Subsidiarität der Bezirke" respektiert werde. Die Entscheidung für Ebert, der dem schwarzen Teil der Partei angehört, ist aber auch eine herbe Niederlage für den türkisen Parteichef Mahrer. Er hatte Sperker Ende September bereits zur Nachfolge von Kobald gratuliert: Die Zukunft der Hietzinger Bevölkerung liege "bei ihr in den besten Händen", sagte Mahrer. Auch Kobald hatte Sperker unterstützt.

Sperker, die Bezirkspartei- und Klubchefin in Hietzing ist, war damals nach dem überstürzten Rückzug Kobalds mit einer knappen Mehrheit im Bezirksparteivorstand zur designierten Bezirksvorsteherin gewählt worden. Ihr parteiinterner Konkurrent Ebert sammelte aber im ÖVP-Klub eine Mehrheit der Stimmen gegen sie: Die Mehrheit der Mandatarinnen und Mandatare dürfte also am Dienstag für Ebert stimmen. Die ÖVP stellt dann drei Bezirkschefs in Wien (Hietzing, Döbling, Innere Stadt) – und keine Bezirkschefin mehr.

Sperker sieht "außerordentliche" Situation

Sperker selbst zeigte sich im Gespräch mit dem STANDARD enttäuscht von der Vorgangsweise innerhalb der ÖVP. Sie sprach von einer "außerordentlichen und noch nie dagewesenen Situation". Innerhalb einer Wertegemeinschaft seien Beschlüsse einzuhalten, sagte sie – und verwies auf den Beschluss im Vorstand, der sich knapp für sie ausgesprochen hatte. "Leider erleben wir gerade, dass dieser Konsens nicht eingehalten wird." Sie sei keine Freundin von politischen Spielchen. "Auch jetzt werde ich dies nicht sein und mich daran nicht beteiligen. Ich nehme dieses Ergebnis zur Kenntnis und werde weiterhin meiner Tätigkeit als Bezirksparteiobfrau der ÖVP Hietzing nachgehen.“ (David Krutzler, 6.11.2023)