Frau schläft mit offenem Mund
Schlafen mit offenem Mund? Ist von gestern. Beauty-Influencer kleben sich den Mund mit einem Klebeband zu.
Getty Images/iStockphoto

Die meisten Leute putzen sich vor dem Schlafen die Zähne, kümmern sich um ihre Hautpflege und holen sich vielleicht noch ein Glas Wasser. Doch in den sozialen Medien wird seit längerer Zeit noch ein anderer Schritt in der Schlafroutine gezeigt. Beauty-Influencer kleben sich den Mund mit einem Klebeband zu. Auch bekannte Persönlichkeiten wie Model Ashley Graham und Fußballer Erling Haaland bekennen sich öffentlich zum sogenannten Mouth-Taping. Der Hintergrund? Sie wollen beim Schlafen möglichst durch die Nase und nicht durch den Mund atmen. Das soll so einige Vorteile bringen.

Unter dem Hashtag #mouthtaping findet man auf Tiktok Videos mit über 140 Millionen Aufrufen. Content Creator wie Lauryn Bosstick sind von der Methode überzeugt. Sie berichten unter anderem von mehr Energie, besserer Laune, besserer Verdauung und erhöhter Hirnleistung. Sogar gegen Karies, Zahnfleischerkrankungen und Mundgeruch soll Mouth-Taping eine vorbeugende Wirkung haben. Beauty-Interessierte erhoffen sich durch das Abkleben eine definierte Kiefer- und Wangenpartie, eine schönere Nasenform, wachere Augen und schöne Haut. Auch bei der Gewichtsreduktion soll das Taping unter die Arme greifen. Ist das realistisch?

Viele haben den Trend in ihre abendliche Routine integriert und schwärmen davon.
Frau auf TikTok über Mouth Taping
Lauryn Bosstick

Leere Beauty-Versprechen?

Die Nasenatmung hat tatsächlich Vorteile. Sie kann das Schnarchen vermindern und die Schlafqualität erhöhen, da sie den Körper besser entspannen lässt. So kann es sein, dass man seltener aufwacht und nach dem Schlafen erholter ist. Außerdem wird die Luft beim Atmen durch die Nase befeuchtet und Staubpartikel gefiltert. Das kann bestenfalls Infektionen und Allergien abwenden. Klebt man sich die Lippen zu, kann das außerdem einen trockenen Mund am nächsten Tag verhindern.

Dass sich erholsamer, tiefer Schlaf auf mehrere Arten positiv auswirkt, ist bekannt. Nicht umsonst ist oft vom Schönheitsschlaf die Rede. Studien zeigen, dass genügend guter Schlaf beispielsweise beim Abnehmen ein wichtiger Faktor sein kann. Zudem regenerieren sich unsere Zellen über Nacht, was ebenfalls zu schönerer Haut beitragen kann. All diese Beauty-Effekte aber auf Mouth-Taping zurückzuführen, wäre zu viel. Es gebe keinerlei Beweise dafür, dass man dadurch schöner wird oder eine reinere Haut bekomme, sagt James Nestor, Autor von "Breath: The New Science of a Lost Art" im Interview mit der "New York Times".

Junge Männer und Frauen versuchen durch Mouth-Taping ihr Aussehen zu optimieren.
Mann auf TikTok über Mouth Taping
Gabriel Dridi

Begrenzte Studien

Es gibt noch keine Studien über das Mouth-Taping, die auf allgemein gültige Ergebnisse schließen lassen. Die Erfahrungsberichte in den sozialen Netzwerken sind subjektiv. Vieles könnte auch auf den Placeboeffekt zurückzuführen sein. Einige Expertinnen und Experten raten sogar von dem Trend ab, Risiken reichen von Hautunverträglichkeit bis hin zu Erstickungsgefahr. Außerdem kann es medizinische Gründe haben, warum die Atmung durch die Nase eingeschränkt ist. Dann ist die Mundatmung notwendig, und die zugrundeliegenden gesundheitlichen Probleme sollten mit einem Mediziner oder einer Ärztin abgeklärt werden.

Manche haben das Gefühl, die Pflaster würden dabei helfen, die Muskeln im Gesicht zu entspannen. Das kann denjenigen helfen, die nachts wie untertags den Mund beim Atmen offen haben. Dass Mouth-Taping das Gesicht in eine "bessere" Form bringen soll, ist aber ebenfalls nicht ausreichend erforscht. Schlafexperte Dr. Nilong Vyas erklärt gegenüber "HuffPost", dass Menschen, die chronisch durch den Mund atmen, ihre Gesichtsstruktur im Laufe der Zeit verschlechtern können. Wenn man ein paar Tage lang über Nacht ein Mundpflaster trage, verbessere sich die Knochenstruktur aber nicht.

Im Internet kann man spezielle Mouth-Tapes um ungefähr zehn Euro bestellen, in österreichischen Drogerien und Apotheken sind die Mundpflaster aber noch nicht angekommen. Möchte man den Trend selbst ausprobieren, sollte man sich professionellen Rat einholen und darauf achten, spezielle, hautverträgliche Tapes zu verwenden. Mit Tixo oder Gaffertape kann es nämlich schnell unschön werden. (Anna Haubiz, 12.11.2023)