Interview: Friedrich Nikolaus Ebert, neuer Bezirksvorsteher Hietzing
"Ich bin ein Schwarzer", sagt Friedrich Nikolaus Ebert. Der türkise Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer sei ihm dennoch nicht gram.
Regine Hendrich

Friedrich Nikolaus Ebert ist erst seit wenigen Tagen Bezirksvorsteher – spricht aber bereits wie einer, der diese Funktion 40 Jahre innehatte: in der dritten Person von sich selbst. "Am besten fragt man Freunde des Niki Ebert, wie der so ist", formuliert er etwa. Ein solcher Sprech war das Markenzeichen von ÖVP-Urgestein Adi Tiller in seiner Ära als Döblinger Bezirkschef.

Von seinem Parteikollegen kupfert sich Ebert auch das erste Projekt ab, das er nun in Hietzing umsetzen will: Einen Tag pro Woche soll seine Bürotür Bürgerinnen und Bürgern für deren Anliegen offen stehen – unkompliziert und ohne Terminvereinbarung. Denn: "Den Niki Ebert kann man auch kurzfristig treffen."

Als Politiker der alten Schule will sich der schwarze Wirtschaftsbündler aber nicht sehen, sondern als "Bezirkschef der jetzigen Zeit". Und als einer, der für alle da sei. Das wird ein gutes Stück Arbeit nach den Wellen, die seine Wahl anstelle der vom türkisen Parteivorstand nominierten Johanna Sperker geschlagen hat.

STANDARD: Hat Ihnen der Wiener ÖVP-Chef Karl Mahrer schon zu Ihrer Wahl als Bezirksvorsteher gratuliert?

Ebert: Natürlich. Er hat mich angerufen.

STANDARD: Als Johanna Sperker als Nachfolgerin von Silke Kobald präsentiert wurde, gab es öffentliche Gratulationen und ein Foto mit Mahrer. Wie zerstritten sind Sie mit ihm?

Ebert: Gar nicht. Wir kennen uns seit 31 Jahren. Warum es kein Foto gibt, müssen Sie ihn fragen. Er hat jedenfalls nicht versucht, mich von der Kandidatur abzubringen. Aber er hat mich gefragt, warum ich das mache.

STANDARD: Und warum machen Sie das?

Ebert: Wegen meiner 36 Jahre Erfahrung. Weil Hietzing schön ist – und schön bleiben muss. Das ist mein Leitspruch.

STANDARD: Die Art und Weise, wie Sie Bezirkschef wurden, ist hochumstritten: Eine ausreichend große Gruppe von Mandatarinnen und Mandataren hat, entgegen dem Beschluss im Vorstand, in der Bezirksvertretungssitzung Sie gewählt. Die Rede ist von einem Putsch – gegen eine junge Frau. Wie fühlt sich das an?

Ebert: Ganz normal, denn es war kein Putsch. Jetzt war nicht die richtige Zeit für Johanna Sperker. Ich habe 36 Jahre Erfahrung, die ich gerne in Hietzing einbringen möchte. Mich kennen hier ein paar Tausend Menschen beim Namen – und ich sie. Da kann man die Marke Ebert gut positionieren. Viele erkennen mich an meiner tiefen Stimme, die ich habe, seit ich 15 bin. Das macht es mir im Gespräch etwas leichter – eine tiefe Stimme ist für einen Mann von Vorteil.

STANDARD: Zählen in Hietzing Männerfreundschaften mehr als das Parteistatut?

Ebert: Das ist zugegeben ein Präzedenzfall. Als der Beschluss des Vorstands für Johanna Sperker fiel, habe ich ihn respektiert – auch bei dem sehr knappen Ergebnis von 15 zu 14. Es traten dann Menschen mit der Bitte an mich heran, etwas zu unternehmen. Der Ursprung liegt im Abgang von Silke Kobald. Wenn jemand ohne Vorbereitung geht, aber ausrichtet, die Nachfolgerin müsse eine Frau sein, dann entsteht so etwas. Das lassen sich erwachsene Menschen nicht gefallen. Ich bin kein böser alter Mann. Mich haben auch vier dynamische Frauen unterstützt.

STANDARD: Welcher Flügel hat in der Wiener ÖVP das Sagen – Schwarz oder Türkis?

Ebert: Ich bin ein Schwarzer. Sebastian Kurz war für mich ein großes politisches Talent. Wir sind insgesamt eine starke Gruppe, Türkis oder Schwarz ist nebensächlich.

Eberts Vater Erich war 28 Jahre ÖVP-Gemeinderat.
Regine Hendrich

STANDARD: Walter Ruck, Präsident der Wiener Wirtschaftskammer und Chef des schwarzen Wirtschaftsbunds, hat vor kurzem kritisiert, dass Karl Mahrer mit seinem Kurs weder Stimmenmaximierung betreibe noch versuche, Vertrauen zu gewinnen. Hat er recht?

Ebert: Das ist ein Thema zwischen Karl Mahrer und Walter Ruck. Mit Walter Ruck bin ich sehr eng, ich möchte nicht seine Meinung konterkarieren. Aber ich bin nicht der Meinung, dass Karl Mahrer der falsche Kandidat ist. Für Hietzing kann ich sagen: Ich werde hier das Wirtschaftsthema verstärken.

STANDARD: Anders gefragt: Es gab von Mahrer das Brunnenmarkt-Video, den Obdachlosen-Clip auf der Mariahilfer Straße. Beides hat ihm viel Aufmerksamkeit und viel Kritik eingebracht. Ist das der richtige Weg für die Wiener ÖVP?

Ebert: Für einen Parteiobmann ist es wichtig, Themen aufzugreifen, damit er in die Medien kommt. Wenn ich den Brunnenmarkt in Hietzing hätte, würde ich dieses Thema sensibel angreifen.

STANDARD: Wo soll es für die ÖVP hingehen: mehr in Richtung SPÖ oder mehr zur FPÖ?

Ebert: Für die Nationalratswahl betrachtet: Der Herr Kickl ist für mich eine ganz schwierige Person. Mit der FPÖ an sich zusammenzugehen ist für mich aber schon eine Option – wir sind bei vielem einer Meinung. Den Herrn Babler verstehe ich überhaupt nicht, seine Forderungen sind unrealistisch.

STANDARD: Und in Wien? Mahrer gab sich anfangs amikal gegenüber der SPÖ, das hat sich stark geändert. Verscherzt er es sich mit Michael Ludwig?

Ebert: Oppositionspolitik ist ein Tanz auf einem Seil, von dem man leicht herunterfällt. Diese Stadt ist seit dem Zweiten Weltkrieg sozialdemokratisch geführt – ganz ohne die SPÖ kann man nichts bewegen. Ich möchte daher enger mit ihr zusammenarbeiten: Ich will freundlich und korrekt miteinander umgehen, aber mehr Unterstützung für Hietzing einfordern.

STANDARD: Umfragen zufolge ist die ÖVP in Wien bei etwa der Hälfte von ihren fast 21 Prozent bei der Gemeinderatswahl 2020. Wie kann sie da bis 2025 wegkommen?

Ebert: Mit aufrichtiger Politik, die sagt, wie es ist: an den Schulen, mit Zuzug, der Wirtschaft, bei den Oldies. Die ÖVP kann viel machen, wenn sie diese Themen aufgreift. Bei Brunnenmarkt und Mariahilfer Straße wurde zuletzt stark auf das Thema Zuwanderung heruntergebrochen. Das ist viel zu wenig und zu billig – das muss breiter werden.

STANDARD: Sind Sie für die Bezirksvertretungswahl 2025 als Spitzenkandidat gesetzt?

Ebert: Davon gehe ich aus. (Stefanie Rachbauer, 13.11.2023)