Das Wichtigste zuerst. Die Chefredakteurin des "Profil" hat das Porträtfoto, das bisher ihren Leitartikel zierte, ausgetauscht. Bisherige Biederkeit des Ausdrucks ist einem leichten Hauch von Schwermut gewichen. Wie weit sich das auf die Redaktionslinie auswirken wird, bleibt abzuwarten. Die lichtbildnerische Änderung ist aber den Zeiten angemessen, in denen wir leben. Hierzulande sitzen wir Probleme gerne aus. Dieses Mal geht das nicht, behauptet sie allen Ernstes und untermauert ihre Einschätzung so: Die große, schöne Demokratieparty, in der wir den Luxus hatten, die Tage mit leidenschaftlichen politischen Debatten um Schnitzel, Burger, Umfahrungsstraßen oder Bargeld in die Verfassung zu verbringen, ist aus.

Unter Leidenschaft kann man sich auch anderes vorstellen als das eher verdrossene Abwinken bei Vorschlägen des Bundeskanzlers, die nur vom Wesentlichen ablenken sollen. Und eine große, schöne Demokratieparty stellt man sich auch etwas anders vor.

FPÖ-Chef Herbert Kickl.
FPÖ-Chef Herbert Kickl.
REUTERS/LEONHARD FOEGER

Damit es doch noch zu einer solchen kommen könnte, schlägt die Autorin vor: Populisten sind aufgerufen, sich zusammenzureißen und in einen konstruktiven Dialog einzusteigen. Und jene, die Probleme aus Angst vor Populisten allzu lange nicht angegriffen haben, sind aufgerufen, ihren Mut wiederzufinden. Reißt euch zusammen, ihr Populisten, und ihr anderen, die ihr euch vor Populisten fürchtet, findet gefälligst euren Mut wieder!

Hadschi Bankhofer

Die Vorstellung, wie Herbert Kickl sich nach der Lektüre von "Profil" zusammenreißt, seine Vorbereitungen für einen Wahlkampf der scharfen Messer abbricht und in einen konstruktiven Dialog einsteigt, hat etwas Ergreifendes und nährt die Hoffnung, dass eine große, schöne Demokratieparty doch kein Märchen bleiben muss. Es kommt nur darauf an, was man sich darunter erträumt. Kickls Österreich-Rundfahrt unter dem Titel "Heimatherbst" ist nach seinem Verständnis eine Demokratieparty, wie er sie sich schöner und größer gar nicht vorstellen will. Leider wird sie manchmal getrübt, so wie in einem von "Heute" berichteten Fall. Da soll doch der ORF-Star Hadschi Bankhofer nach einem Blick auf ein von der FPÖ gepostetes Foto aus einem von der FPÖ in Simmering aufgestellten Zelt die Teilnehmer an der blauen Demokratieparty so charakterisiert haben: "Vielen steht die hohe Bildung ins Gesicht geschrieben."

Bildung hören und ausrasten war für Kickl eins. "Was für ein schäbiges Verhalten", raste er auf Facebook. "So tickt der ORF, so denkt der Zwangsgebührensender über unsere Wählerschaft. Das MUSS Konsequenzen haben!" Dabei hat es Bankhofer nur gut gemeint. Was würde Kickl mit einem anderen Publikum anfangen?

Benko in der "Kronen Zeitung"

Innerhalb einer Woche hat die "Kronen Zeitung" drei unvoreingenommene Aufmacher zum Immobilienthema produziert. Der tiefe Fall des René Benko am Samstag, Benko bettelt um Saudi-Millionen am Dienstag und Benko geht, die Schulden bleiben am Donnerstag. Dennoch behauptete eine Leitartiklerin der "Presse": Dank René Benkos höchst restriktiver Informationspolitik weiß man einfach zu wenig, um sich ein umfassendes Urteil bilden zu können. Wir werden es schon früh genug erfahren, zeigt sie sich ordinärer Neugier abgeneigt.

Man ist ja nicht so wie ganz viele, die es schon ganz lang immer schon gewusst haben. "Wie lang wird das noch gutgehen beim Benko?" – das haben wir oft gehört, wenn nicht sogar selbst ausgesprochen. War das ernsthaftes Interesse oder war es Herbeisehnen? Warum dieses in den vergangenen Wochen oft beobachtete Delektieren an seinem Schicksal? Mitleid ist keinesfalls angebracht, aber dieses "Recht geschieht ihm" ist halt auch denkbar simpel gestrickt. Aber was will man von der "Kronen Zeitung" anderes verlangen?

Was Investoren und Signa-Beiräte offenbar nicht gewusst haben oder nicht wahrhaben wollten – "Krone"-Leser blickten den Tatsachen fest ins Auge. Was er in Deutschland und bei uns mit Firmen angestellt, und damit vielen Angestellten ihre Lebensgestaltung kaputt gemacht hat, war an Kälte nicht zu überbieten. Ich meine, wer hoch steigt, kann oft tief fallen. Mein Mitleid hält sich in Grenzen. Aus der Sicht der "Presse" ist derlei natürlich simpel gestrickt. Und wo das Blattam Donnerstag noch einfach zu wenig weiß, um sich ein umfassendes Urteil bilden zu können, ist dem "Krone"-Konsumenten schon immer alles klar gewesen. Etwa, dass das Milliarden-Firmenkonstrukt und Immobilienimperium – größtenteils fremdfinanziert – so nicht halten kann. Eh klar. (Günter Traxler, 11.11.2023)