Jedes Kind in Gefangenschaft ist eines zu viel. So gesehen kann man den diplomatischen Erfolg, der nach mehrwöchigen Verhandlungen unter Mediation von Katar in der Nacht auf Mittwoch gelungen ist, nur begrüßen. Nach mehr als sechs Wochen in der Gewalt der Terrorgruppen, der erzwungenen Trennung von der Familie, dem Anblick von Mord und Folter, wird es lange dauern, bis die seelischen Wunden der Kinder nicht mehr bluten. Abheilen werden sie wohl nie.

"Bringt sie nach Hause" – die Hoffnung auf eine Rückkehr geht nun für manche Geiseln in Erfüllung.
AFP/AHMAD GHARABLI

Auch die vereinbarte Waffenpause ist dringend notwendig, um die massive humanitäre Krise in Gaza zu lindern. Dass der Deal nur einige Hundert Lkw-Ladungen an humanitären Gütern vorsieht, zeigt aber wieder einmal, wo die wahren Prioritäten der Hamas liegen: jedenfalls nicht bei der notleidenden Zivilbevölkerung.

Für die hunderttausenden Menschen, die im Süden des Gazastreifens ausharren müssen, sind die wenigen Tage der Waffenpause nur eine kurze Ruhe vor dem nächsten Sturm. Schon in den vergangenen Wochen forderten die Luftangriffe auf Hamas-Ziele auch im Süden eine hohe Anzahl an zivilen Todesopfern. Es ist völlig unklar, wie vermieden werden kann, dass diese Opferzahlen unter den Binnenflüchtlingen in den nächsten Wochen stark ansteigen.

Israels Bodentruppen werden vom Norden des Gazastreifens in den Süden vordringen müssen, um die Hamas-Kämpfer dort aufzuspüren. Die Terroristen werden sich auch dort hinter der nun noch dichter gedrängten Zivilbevölkerung verschanzen. Auch hier gilt aber: Jedes Kind, das dabei ums Leben kommt, ist eines zu viel. (Maria Sterkl, 22.11.2023)