Der Turnsaal der Schule wurde auch von Sportvereinen genutzt, deshalb musste der Beamte öfter Abenddienste einschieben.
imago images/photothek

Werden gesetzlich vorgeschriebene Ruhezeiten nicht eingehalten, können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses Schadenersatz verlangen. Das hat der Oberste Gerichtshof (OGH) im Fall eines oberösterreichischen Beamten klargestellt. Neben Überstunden muss der Staat dem Mann nun auch den "Erholungswert" der entgangenen Ruhezeiten monetär abgelten (OGH 23.10.2023, 1 Ob 82/23z).

Beschäftigt war der Mann als Schulwart und Verwalter eines Schulgebäudes. Zusätzlich zu seinen normalen Dienstzeiten musste er immer wieder auch abends arbeiten, weil Sportvereine den Turnsaal der Schule nutzten. Ersatzruhezeiten wurden ihm dafür nicht gewährt. Als der Mann vor dem Landesgericht Linz Schadenersatz verlangte, blitzte er zunächst ab. Eine finanzielle Entschädigung für die entgangenen Ruhezeiten komme nicht infrage, argumentierte das Landesgericht Linz.

Arbeitgeber in der Pflicht

Der Schulwart zog daraufhin vor den OGH – und bekam dort nun recht. Das Höchstgericht argumentiert bei seiner Entscheidung mit der Arbeitszeitrichtlinie der EU und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH). Die EU-Richtlinie sieht Mindestruhezeiten vor, und EU-Staaten seien dazu verpflichtet, dafür zu sorgen, dass diese eingehalten werden. Dazu zählt auch, dass es Geldersatz geben muss, wenn die Bestimmungen missachtet werden.

Dienstgeber müssen aufgrund ihrer "Fürsorgepflicht" nämlich darauf achten, dass die Mindestruhezeiten kontrolliert und eingehalten werden. Ist das nicht der Fall, gebühren in erster Linie Ersatzruhezeiten und – wenn das Dienstverhältnis bereits beendet ist – Schadenersatz. Zwar wurden dem Mann im aktuellen Fall seine Überstunden abgegolten, das ändere aber nichts daran, dass der Arbeitgeber für das "Erholungsmanko" zusätzlich "immateriellen Schadenersatz" zahlen muss, heißt es in der Entscheidung. Berechnet wird der Ersatz für die Ruhezeiten mit dem üblichen Stundensatz.

Der Oberste Gerichtshof hat das Verfahren in seiner Entscheidung zurück an das Landesgericht Linz verwiesen. Dort muss nun genau festgestellt werden, wie oft die Mindestruhezeiten unterschritten würden, damit die Höhe des Schadenersatzes berechnet werden kann.

Bei privaten Verträgen ähnlich

Bei Ruhezeiten wird zwischen täglichen Ruhezeiten und wöchentlichen Ruhezeiten unterschieden. In privaten Dienstverhältnissen ist die Rechtslage im Ergebnis bereits jetzt wie jene im aktuellen Fall des Beamten, erklärt Daniela Krömer, Rechtsanwältin für Arbeitsrecht bei CMS.

Wird die wöchentliche Ruhezeit nicht eingehalten und kann auch keine Ersatzruhe in Anspruch genommen werden, weil das Dienstverhältnis bereits zu Ende ist, gebührt eine finanzielle Abgeltung. Bei Verletzungen der täglichen Ruhezeit haben Arbeitnehmer im Regelfall zwar keinen Ersatzruheanspruch, ein finanzieller Ersatzanspruch kommt nach Beendigung des Dienstverhältnisses aber ebenfalls infrage.

Elf Stunden Ruhe

In Österreich gilt grundsätzlich eine tägliche Ruhezeit von elf Stunden. Gemeint ist damit die freie Zeit nach Ende der Arbeit bis zum nächsten Arbeitsbeginn. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie auf acht Stunden reduziert werden, wenn das im Kollektivvertrag vorgesehen ist. Gründe dafür können etwa ein starker Arbeitsanfall oder mehrere Krankenstände sein. Auch im Gastgewerbe gibt es Ausnahmen, wenn es einen entsprechenden Ausgleich gibt.

Zusätzlich zur täglichen Ruhezeit haben Arbeitnehmer Anspruch auf die sogenannte Wochenendruhe. Gemeint ist damit eine ununterbrochene Ruhezeit von 36 Stunden pro Kalenderwoche, die grundsätzlich am Wochenende stattfinden soll. Auch hier gibt es Ausnahmen – etwa bei einem vorübergehend auftretenden besonderen Arbeitsbedarf oder in bestimmten Branchen. (Jakob Pflügl, 25.11.2023)