Hand reguliert Heizkörper
Geht es nach den Förderrichtlinien für den Energiekostenzuschuss II, gibt es für Ärztinnen, Ziviltechniker und Anwälte keinen Zuschuss.
IMAGO/Michael Bihlmayer

Wien – Blieben die freien Berufe weiterhin vom Energiekostenzuschuss ausgeschlossen, werde man sich wehren, erklärte Anwaltspräsident Armenak Utudjian im September am Anwaltstag in Linz. "Und als Anwälte wissen wir auch, wie."

Laut den Förderrichtlinien für den Energiekostenzuschuss II, der für das Jahr 2023 vergeben wird, haben Angehörige freier Berufe keinen Anspruch auf Förderung. Davon betroffen sind etwa Ärztinnen, Ziviltechniker und Anwälte.

Ungleichbehandlung

Die Bundeskonferenz der freien Berufe (Buko), eine gemeinsame Interessenvertretung auf Bundesebene, stellt nun rechtliche Schritte in den Raum. Der "kategorische Ausschluss und die damit verbundene Diskriminierung der freien Berufe" vom Kostenzuschuss sei "ungerechtfertigt und widerspricht insgesamt dem Gleichheitsgrundsatz", sagt Buko-Präsident Daniel Alge. "Freiberuflich Tätige haben wie alle anderen Unternehmenden mit denselben hohen Energiepreisen zu kämpfen und sind demselben Steuern- und Abgabensystem unterworfen." Es sei "unverständlich", dass die freien Berufe die Fördertöpfe zwar mitfinanzieren müssen, vom Erhalt der Förderung aber kategorisch ausgeschlossen sind.

Anwältinnen und Anwälte seien von der Ungleichbehandlung weniger stark betroffen, weil deren Tätigkeit naturgemäß nicht energieintensiv ist, heißt es auf Anfrage bei der Rechtsanwaltskammer. Bei Berufsgruppen wie Radiologen oder Ziviltechnikern mit Testlabor sei das aber anders. Zudem gehe es darum, Diskriminierungen hintanzuhalten.

"Technisch nicht möglich"

Die Richtlinien für den Zuschuss wurden mittlerweile von der EU-Kommission abgesegnet. Dass die Regierung das Paket noch einmal aufschnürt, ist unwahrscheinlich. Aber warum wurden die freien Berufe überhaupt ausgeschlossen?

Auf STANDARD-Anfrage beim ÖVP-geführten Wirtschaftsministerium heißt es dazu, dass eine "automatisierte Berücksichtigung aller freiberuflich Tätigen technisch nicht möglich ist".

Der Grund dafür sei, dass die meisten freien Berufe von der Umsatzsteuer ausgenommen sind und keine Standardisierte Branchenkennung nach ÖNACE-Klassifikation haben. Es wäre deshalb zu einer "starken Verzögerung bei der Auszahlung der Förderungen" gekommen.

Umstrittene Argumentation

Abgesehen davon erhalten neue Selbstständige einen automatisierten Energiekostenzuschuss in Form einer Gutschrift bei den Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von 410 Euro, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Als "neue Selbstständige" gelten etwa Künstlerinnen oder freie Journalisten.

Die Bundeskonferenz der freien Berufe kann die Argumentation der Bundesregierung auf Nachfrage des STANDARD nicht nachvollziehen. Rein technische Fragen wie die ÖNACE-Klassifikation dürfen "nicht entscheidend sein, ob eine Förderung gewährt wird oder nicht". Diese Argumentation sei schon allein aus Gleichheitsgründen "verfassungsrechtlich sehr bedenklich".

"Hinhaltetaktik"

Zudem hätte man die Abwicklung alternativ über das Onlineportal des Finanzministeriums oder mit Unterstützung der Kammern durchführen können. Auch beim Zuschuss über die Sozialversicherung zeigt sich die Buko skeptisch. Diese Maßnahme sei "im Zuge der Hinhaltetaktik angesprochen, aber bis dato nicht umgesetzt" worden.

Über die Richtlinien für den neuen Zuschuss hatte die türkis-grüne Regierung fast ein Jahr lang verhandelt. Gefördert werden Mehrkosten für Strom, Gas und Sprit. Wie schon beim Vorgängermodell im letzten Jahr müssen Betriebe gewisse Energiesparmaßnahmen umsetzen. Beantragen können Unternehmen den Zuschuss bis 7. Dezember. (Jakob Pflügl, 28.11.2023)