Die dieswöchigen Auftritte von Ex-Kanzler Sebastian Kurz und Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid ließen journalistische Formulierungskunst in neue Höhen schießen. In der Grazer "Kleinen Zeitung" lautete der Titel auf Seite 1: Ziemlich beste Feinde. Die "Salzburger Nachrichten" eröffneten an gleicher Stelle mit: Ziemlich beste Feinde. Da wollte sich "Österreich" nicht lumpen lassen und mit den Qualitätsblättern einmal gleichziehen: Ziemlich beste Feinde.

Sebastian Kurz (links) und Thomas Schmid.
Sebastian Kurz (links) und Thomas Schmid.
APA/ROLAND SCHLAGER

Als sein eigener bester Feind durfte sich Sonntag im stets bereiten "Kurier" Wolfgang Sobotka betätigen, er ließ sich interviewen. Schon der Titel war vielversprechend. "Ich schaue mich jeden Tag in den Spiegel". Er bekannte das nicht freiwillig, sondern weil man ihn bedrängte. Gab es nie die Phase, in der sie sich in den Spiegel geschaut und gefragt haben, warum Sie sich das antun?

Das Ergebnis der Besichtigung ergab: Sobotka ist zufrieden mit dem, was er sieht. Ich schaue mich jeden Tag im Spiegel an und frage mich: "Bin ich auf meiner Linie? Kann ich das verantworten, was ich politisch tue? Ist es für die Gesellschaft relevant?" Ein klares Ja auf diese Selbstbefragung blieb im "Kurier" zwar aus, aber das Gespräch hätte sicher nicht stattgefunden, wäre Sobotka nicht in dem Bewusstsein angetreten, er befinde sich voll auf meiner Linie.

Sobotka und das Unrecht

Schuld an allem ist der politische Gegner. Als Innenminister hatte ich gute Umfrage- und Vertrauenswerte, in der Folge aber weniger im Parlament, zu dessen Präsident er mit wenig ruhmreichen 61,3 Prozent gewählt wurde. Dann habe ich den Vorsitz bei U-Ausschüssen übernommen, eine Leidenschaft, der zu frönen er auch dort nicht lassen kann, wo er selbst involviert ist. Worauf die Opposition begann, mich gezielt in Misskredit zu bringen. Und jetzt will ihn auch noch die Staatsanwaltschaft. Es gibt so viel Unrecht in der Welt.

Daher fordert auch die gesamte Opposition seinen Rücktritt. Aber der Gedanke, das Amt des Nationalratspräsidenten könnte bei seiner Amtsführung Schaden nehmen, ist ihm völlig fremd. Das ist wie das Motto: "Haltet den Dieb". Jemanden mit Schmutz zu bewerfen und dann zu sagen: "Du bist schmutzig". Er ist Opfer, vor allem einer gesellschaftspolitischen Entwicklung, die sich an hohen Repräsentanten der Republik abzuarbeiten versucht. Nach dem Motto: "Irgendwann muss doch endlich mal was dran sein." Wer die anderen hohen Repräsentanten der Republik sein sollen, an denen sich eine gesellschaftspolitische Entwicklung abzuarbeiten versucht, lässt Sobotka offen, aber man muss da nicht lange raten.

Sobotka, der Steher

Das Gute an Sobotka: Er ist ein Steher. Daher hat er auch noch viel vor, was man von einem Nationalratspräsidenten gar nicht erwarten würde. Die Aufgabe des Präsidenten ist es, Themen aufzugreifen, die von nachhaltiger und langfristiger Bedeutung sind. Die Luftraumüberwachung ist beispielsweise keine Frage der Parteifarben, sondern eine Frage von Rot-Weiß-Rot. Auch die Frage der sozialen Medien ist eine der Gesellschaft als Ganzes. Was er davon wo aufgegriffen hat, und mit welcher langfristigen Bedeutung, wurde im "Kurier" nicht deutlich. Nur das: Wir durften im Dezember den 500.000sten Besucher im Parlament begrüßen. Auch dafür trage ich die Mitverantwortung. Wenigstens nicht die Alleinverantwortung.

Vielleicht ist die Reiselust freiheitlicher Funktionäre als Flucht aus der parteiinternen Tristesse unter Kickl zu verstehen. Blauer Aufmarsch bei Trump-Treffen in New York, konnte "Oe24" diese Woche berichten. Svazek, Vilimsky und Co. im Big Apple. Der älteste und größte Klub der jungen Republikaner lud am Samstag in New York zur alljährlichen Gala. Star-Redner des Abends war Donald Trump. Doch auch einige heimische Politiker mischten sich unter das rechte Volk. Während der blaue EU-Abgeordnete Harald Vilimsky auf seinem Twitter-Account berichtete, zeigte sich die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek eher zurückhaltend und postete nur einen kleinen Schnappschuss von der Gala. Darauf ist sie mit Parfum-Influencer Jeremy Fragrance zu sehen.

Vermutlich postete die Salzburger FPÖ-Chefin nur deshalb eher zurückhaltend, weil sie für ihre Reise nicht vorher bei Kickls neuer Kontrollstelle um Erlaubnis angesucht hat. Wollte sie mit ihrer Annäherung an den Parfum-Influencer Jeremy Fragrance etwas von Kickls Stallgeruch loswerden? (Günter Traxler, 17.12.2023)