Auch Männerhaut braucht Schutz und Pflege. Aber anscheinend nicht nur die. Mit den entsprechenden Kosmetikprodukten wird auch das Selbstbild so manchen Vertreters des "starken Geschlechts" geschützt und abgedroschene Klischees werden genährt. Die Marke Butcher's Son verspricht etwa "ehrliche Pflege für echte Kerle" und macht "aus dem Hackebeil ein Pflegetool" – was auch immer das bedeuten soll.

Auf die Spitze treibt es das britische Unternehmen War Paint. Statt Kriegsbemalung findet man im Onlinestore Flüssig-Make-up, Concealer oder Augenbrauenstifte für den Mann. Der martialische Markenname scheint aber nicht ausreichend zu erklären, an wen sich die Produkte richten. Zusätzlich gibt es einen dezidierten Hinweis, dass es sich nicht um Frauenprodukte handelt. Man darf beruhigt aufatmen.

Beauty "für ihn"

Diese Beispiele illustrieren recht plakativ, dass die breite Masse der Männer wohl die Vorzüge von Kosmetikprodukten für sich erkannt hat, nach wie vor aber eine gewisse Hemmung hat, sie zu kaufen. Schließlich galt der Kosmetikbereich lange Zeit als Hoheitsgebiet der Frau. Doch spätestens seit den Neunzigerjahren und dem Aufkommen der "metrosexuellen Männer", also jener, die auf ihr Äußeres achten und sich penibel pflegen, ist das anders.

Die Kosmetikbranche hat die Männer als neue Zielgruppe sofort erkannt. Der Markt wächst seit Jahren. 2022 wurden weltweit über 30 Millionen Dollar mit Beautyprodukten "für ihn" umgesetzt.

Mann, Kosmetik, Augen, Creme, Beauty
Aufgrund der höheren Talgproduktion sollten Männer auf fetthaltige Cremes verzichten.
Getty Images/iStockphoto

Dermatologisch gesehen können geschlechtsspezifische Produkte durchaus sinnvoll sein. Die Haut von Männern ist dicker und produziert mehr Talg als die von Frauen. Daher sollte man auf fetthaltige Cremes verzichten. Wie diese Präparate verpackt sind, ist der Haut egal. Dem Käufer aber nicht. Bei Beautyprodukten in dunkelfärbigen Verpackungen, mit kernigen Produktnamen und allen voran dem Zusatz "for men", scheint das Geld der Männer lockerer zu sitzen. Gendered Marketing nennt sich diese geschlechterspezifische Vermarktung.

Zeitgemäße Geschlechterbilder

Aber muss es so verstaubt-klischeehaft sein? Viele Marken halten mit martialischer Aufmachung oder Retro-Ästhetik ein Geschlechterbild hoch, bei dem sich die Frage stellt, ob es eine zeitgemäße Identifikationsfläche für junge Männer ist. Dass dies bezweifelt werden darf, zeigt auch der Erfolg der Beautyprodukte von Sänger Harry Styles oder Schauspieler Jared Leto. Die Stars spielen gerne mit Genderzuschreibungen, lackieren ihre Nägel, tragen Röcke oder Pailletten. Ihre Cremes, Waschgels und Make-up-Sets kommen stylish daher, die Ästhetik ist aber keinem Geschlecht zuzuordnen.

Damit sind sie Teil eines neuen Marktsegments in der Beautybranche. Genderless Cosmetics sind auf bestimmte Hautbedürfnisse abgestimmt und nicht auf ein Geschlecht zugeschnitten. Auch die verwendeten Duftnoten sind nicht traditionell weiblich oder männlich konnotiert. Die australische Marke Aesop ist in diesem Bereich schon seit Jahren Vorreiter. In Österreich wäre beispielsweise Saint Charles zu nennen. Der Bereich ist freilich noch eine Nische am großen Kosmetikmarkt, aber sie wächst. Vielleicht können wir uns also in Zukunft irgendwann von verstaubten Genderklischees im Beautyregal verabschieden. Wäre schön! (Michael Steingruber, 6.1.2024)