Nur sehr langsam erholt sich Tschechien vom Schock des 21. Dezember 2023. 14 Menschen hatte ein Amokläufer an der Philosophischen Fakultät der Karlsuniversität Prag erschossen, bevor er sich selbst tötete. Auch drei Morde in den Stunden und Tagen davor werden ihm angelastet – darunter an seinem Vater und an einem ihm unbekannten Kleinkind.

Gedenkkerzen bei der Karlsuniversität Prag nach dem Amoklauf, bei dem 14 Menschen getötet wurden.
Kerzen bei der Karlsuniversität Prag nach dem Amoklauf, bei dem 14 Menschen getötet wurden.
IMAGO/Katerina Sulova

Schwere Zeiten

In der Gesellschaft müssen nun viele Emotionen Platz haben: Trauer, Wut, Angst, Machtlosigkeit. Auch für Regierungsverantwortliche ist es eine schwere Zeit. Sie müssen beruhigen, ohne abzuwiegeln. Sie sollen Wege aufzeigen, wie derlei Tragödien vielleicht verhindert werden können, ohne die bürgerlichen Freiheiten zu sehr zu beschränken. Und sie müssen letztlich eingestehen, dass es absolute Sicherheit nicht gibt.

Mit Trauerkundgebungen, Spendenaktionen und Debatten über die Novellierung des Waffenrechts oder über Sicherheitsmaßnahmen an den Unis hat Tschechien bisher einen weitgehend würdevollen Diskurs gestaltet.

Schuldzuschreibung

Jener Abgeordnete der Rechts-außen-Opposition aber, der lieber die Schuld bei der Philosophischen Fakultät sucht – angeblich einem Hort des "Progressivismus" –, nimmt daran nicht teil. Ihm war die Bemerkung wichtiger, dass weder ein Anhänger seiner Partei noch einer des russischen Präsidenten Putin das Blutbad angerichtet habe.

Die Grenze zwischen Aufarbeitung und Instrumentalisierung mag fließend sein. Doch wer sie so klar überschreitet, will in einer seriösen Debatte nicht ernst genommen werden. (Gerald Schubert, 8.1.2024)