Ein Bergfink an der Futterstelle
Bergfinken besuchen Österreich ausschließlich im Winter. (Belichtungszeit 1/800 Sek., Blende f8, Lichtempfindlichkeit ISO 1000, Brennweite 500 mm am APS-C-Sensor entspricht einer Bildwirkung von 750 mm umgerechnet aufs Kleinbildformat)
Michael Simoner

Packt Sie auch manchmal die Sehnsucht nach der Ferne? Je winterlicher der Winter, desto sommerlicher meine Wanderlust. Wer weiß, vielleicht war ich in einem früheren Leben einmal ein Zugvogel. Ein Bergfink zum Beispiel. Aber aufgepasst: Dieser Singvogel aus der großen Finkenfamilie ist (frei nach John le Carré) der Spion, der aus der Kälte kommt. Er nimmt einen langen Weg auf sich, nur um hier zu überwintern. Denn dort, wo er brütet, nämlich im hohen Norden (von Norwegen bis Kamtschatka), sind die Winter viel härter und futterärmer. Erst im März geht es wieder retour.

Was Bergfinken (Fringilla montifringilla) in unseren Breiten magisch anzieht, sind Bucheckern. Die abgefallenen Früchte der Rotbuche buddeln sie sogar bei Schnee aus dem Erdboden aus. Geröstet mag ich nussige Bucheckern auch ganz gern (roh sind die leicht giftigen Nüsse mit Maß und Vorsicht zu genießen). Bergfinken picken sich aber auch wie viele andere Vögel Sonnenblumenkerne aus dem Winterbuffet im Garten heraus. Es ist immer wieder erstaunlich, wie geschickt sie die Schale knacken und den Kern mit der kleinen, spitzen Zunge herausfischen.

Die Form des Schnabels

Der Schnabel verrät bei Vögeln überhaupt, was sie zum Fressen gern haben. Wie Finken haben unter anderem auch Blaumeisen, Spatzen oder Gimpel einen kräftigen Kegelschnabel zum Aufbrechen einer harten Hülle. König der Nussknacker ist wohl der Kernbeißer. Ein schmaler Pinzettenschnabel hingegen ist das Werkzeug von Amseln, Staren oder Rotkehlchen und gut zum Stochern nach Insekten und Würmern. Je nachdem bevorzugen Vögel bei der Winterfütterung Weichfutter oder Sämereien. Rabenvögel wie Eichelhäher, Krähen oder Elstern sind bei ihrer Nahrung nicht wählerisch und haben einen mächtigen Allesfresserschnabel. Greifvögel wiederum gehen mit einem scharfen Hakenschnabel auf die Jagd.

Verwechslungsgefahr

Bergfinken kommen praktisch nie allein, Gruppen mit 15 Exemplaren sind keine Seltenheit. Oft sitzen sie gemeinsam mit Buchfinken und Grünfinken am Boden unter dem Futterhaus, weil sich dort jede Menge Sonnenblumenkerne ansammeln, die Spatzenrabauken über Bord geworfen haben. Das ist immer eine gute Gelegenheit, die Vogerln unterscheiden zu lernen. Grünfinken sind einfach zu erkennen, sie sind graugrün und haben einen leuchtendgelben Längsstreifen am Flügelrand. Bergfinken und Buchfinken können aus der Entfernung leichter verwechselt werden. Meine Faustregel lautet: Ist die Brust orangefarben und das Bäuchlein weiß, handelt es sich um einen Bergfink. Buchfinken hingegen haben (zart)rosafarbene Brustfedern. Bei beiden Spezies gibt es darüber hinaus deutliche Unterschiede zwischen kräftig gefärbten Männchen und Weibchen, die mehr Wert auf Tarnung legen.

Stunde der Wintervögel

Wir können uns in unserem Garten im Mostviertel jeden Winter über Bergfinken freuen. In anderen Gegenden sind sie aber seltener anzutreffen. Das dürfte auch die diesjährige "Stunde der Wintervögel" bestätigen. Zu der großen Vogelzählung vergangene Woche hatte wieder Birdlife Österreich aufgerufen. Laut Onlinezwischenbilanz wurden Bergfinken in einem schwachen Fünftel aller gemeldeten Gärten oder Parks gesichtet. Mal schauen, ob sich dieser Wert noch ändert, abgeschlossene Zählungen können noch bis 15. Jänner nachgereicht werden. Derzeit führen Kohlmeisen vor Spatzen die Rangliste der meistgezählten Wintervögel an. Im Vorjahr war der Hausspatz der häufigste Gartenvogel. (Michael Simoner, 10.1.2024)

Ein Bergfink-Weibchen knackt einen Sonnenblumenkern
Ein Bergfink-Weibchen am Buffet: Geschickt knackt sie den Sonnenblumenkern ... (1/800 Sek., f8, ISO 1000, 500 mm APS-C)
Michael Simoner
Ein Bergfink-Weibchen knackt einen Sonnenblumenkern.
... und spuckt die Schale aus. (1/800 Sek., f8, ISO 1000, 500 mm APS-C)
Michael Simoner
Ein Bergfink-Männchen
Ein Bergfink-Männchen im Übergang zum Prachtkleid. (1/800 Sek., f8, ISO 1000, 500 mm APS-C)
Michael Simoner
Vogelfütterung mit verschiedenen Singvögeln im Schnee
Unter dem Futterhaus wurlt es: Bergfinken, Grünfinken, Buchfinken und ein kleiner Zeisig. (1/800 Sek., f7.1, ISO 800, 500 mm APS-C)
Michael Simoner