Drogen, Erpressung, Mord: In Ecuador ist das nicht etwa Stoff für eine Krimiserie, sondern harte Realität. Das Land weist eine der höchsten Kriminalitätsraten Lateinamerikas auf und spielt seit einigen Jahren eine immer wichtigere Rolle als Umschlagplatz für den internationalen Drogenhandel.

Bandenboss Adolfo Macías Villamar
Adolfo Macías Villamar, genannt "Fito" (Archivbild vom August 2023), ist wieder einmal auf der Flucht.
AFP/Ecuadorean Armed Forces/-

Zentrale Figur in diesem Umfeld ist José Adolfo Macías Villamar, genannt "Fito". Der 44-Jährige ist Anführer der Choneros-Bande, die ihr Geld auch mit Erpressung, Menschen- und Waffenhandel macht und als Filiale des mexikanischen Sinaloa-Kartells gilt.

Macías wurde erstmals 2000 wegen Raubüberfalls und 2011 wegen Drogenhandels und organisierter Kriminalität verhaftet und verurteilt. Doch schon im Februar 2013 konnte er aus einem Hochsicherheitsgefängnis ausbrechen. Die Flucht endete wie in einem schlechten Thriller nach mehreren Monaten an einem Ort, an dem er sich offenbar zu sicher fühlte: zu Hause.

Neue Nummer Eins

Als Choneros-Boss Jorge Luis Zambrano Ende 2020 erschossen wurde, übernahm dessen rechte Hand die Geschäfte: Macías. Er tat das vom Gefängnis aus, während seine Frau – eine frühere Krankenschwester und nunmehr schwerreiche Geschäftsfrau – die Kontakte nach außen pflegte. Wegen Gerüchten, "Fito" stehe hinter der Ermordung Zambranos, kam es zur Spaltung der Choneros-Bande.

2021 sorgte Macías, der 34 Jahre absitzen muss, mehrfach für Schlagzeilen: Im Oktober wurde seine Geliebte dabei erwischt, wie sie inmitten von Gefängnisunruhen in der Uniform eines Aufsehers die Haftanstalt Penitenciaría del Litoral in Guayaquil verlassen wollte. Sie war, wie sich herausstellte, zuvor tagelang bei ihrem kriminellen Lover gewesen.

Kurz darauf verschwanden Macías’ Tochter und Nichte. Sie tauchten Tage später unversehrt wieder auf, was Spekulationen über eine vorgetäuschte Entführung nährte. Macías, der im Gefängnis ein nicht näher benanntes Uni-Studium absolviert haben soll, bedankte sich bei der Polizei und versprach, keine Rache an den – echten oder erfundenen – Entführern nehmen zu wollen.

Am 7. Jänner brach "Fito" während einer Häftlingsrevolte erneut aus einem Hochsicherheitsgefängnis aus. Der Überfall seiner Gefolgsleute auf einen TV-Sender und das Anzetteln von Unruhen im ganzen Land dienen offenbar dazu, die Polizei davon abzuhalten, sich voll auf die Jagd nach dem flüchtigen Drogenboss zu konzentrieren. (Gianluca Wallisch, 10.1.2024)