Fahndung nach dem Ausbruch mehrerer Gefangener.
Eine großangelegte Suche nach den Flüchtigen dauert an.
AFP/YURI CORTEZ

Guayaquil – Inmitten eines brutalen Machtkampfs zwischen den Drogenkartellen und den Behörden in Ecuador sind erneut fünf Häftlinge aus dem Hochsicherheitsgefängnis der Hafenstadt Guayaquil geflohen. Nach Angaben von Vertretern der Polizei konnten zwei von ihnen kurz nach ihrem Ausbruch am Freitagabend (Ortszeit) wieder gefasst werden. Die großangelegte Suche nach den anderen Flüchtigen dauerte demnach weiter an.

Kurz nach dem Ausbruch waren zwei Hubschrauber sowie Drohnen zu sehen, wie sie mit Bodenscheinwerfern die Gegend um den riesigen Gefängniskomplex absuchten, in dem die gefährlichsten Verbrecher des Landes einsitzen. Ein größeres Aufgebot an Polizei und Militär wurde entsandt. Weder die Behörden noch die Gefängnisverwaltung äußerten sich zunächst zu dem Vorfall.

Kampf gegen kriminelle Banden

Im Kampf gegen kriminelle Banden haben die ecuadorianischen Sicherheitskräfte 859 Verdächtige festgenommen. Bei Einsätzen im ganzen Land seien zudem Schusswaffen, Munition, Sprengstoff, Brandsätze, Boote und Fahrzeuge sichergestellt worden, teilte die Regierung in der Nacht auf Samstag (Ortszeit) mit. Zudem hätten Soldaten und Polizisten 56 Geiseln aus der Gewalt der Gangs befreit. Fünf mutmaßliche Bandenmitglieder und zwei Polizisten seien bei Gefechten ums Leben gekommen. Außerdem setzten die Sicherheitskräfte 25 entflohene Häftlinge fest.

Nachdem Bewaffnete am Dienstag während einer live übertragenen Nachrichtensendung ein Studio des staatlichen Fernsehsenders TC Televisión gestürmt und zahlreiche Geiseln genommen hatten, schickte die Regierung die Streitkräfte in den Kampf gegen die Gangs. Präsident Daniel Noboa erklärte per Dekret, dass sich Ecuador in einem internen bewaffneten Konflikt befinde. Er deklarierte 22 kriminelle Gruppen als terroristische Organisationen und nicht-staatliche Kriegsparteien, die auszuschalten seien.

Ecuador sieht sich seit vergangenem Sonntag einer beispiellosen Welle der Gewalt durch die Drogenkartelle ausgesetzt, deren Mitglieder mit Gefängnisaufständen, Geiselnahmen und Angriffen auf Polizisten das ganze Land terrorisieren. Auslöser war der Ausbruch von José Adolfo Macías alias "Fito", eines der mächtigsten Drogenbosse des Landes, aus dem Gefängnis von Guayaquil.

Brutales Video

Ein brutales Video aus dem unter Kontrolle der Häftlinge stehenden Gefängnis der im Südwesten gelegenen Stadt Machala zeigt, wie die in Plastik eingewickelte Leiche eines Gefangenen auf die Straße geworfen wird. Die Polizei bestätigte die Authentizität des Videos. Andere Aufnahmen aus den vergangenen zwei Tagen zeigen, wie festgenommene mutmaßliche Bandenmitglieder von Soldaten verhöhnt und misshandelt oder gezwungen werden, zu singen und sich gegenseitig zu schlagen.

Ecuador mit seinen rund 17 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern liegt zwischen Kolumbien und Peru, den beiden größten Kokainproduzenten der Welt, galt aber lange als vergleichsweise friedlich und stabil. In den vergangenen Jahren wurde das Land dann selbst zu einer Drehscheibe für den internationalen Drogenhandel. Seitdem hat auch die Gewaltkriminalität massiv zugenommen. Schätzungen zufolge haben die kriminellen Banden im Land inzwischen über 20.000 Mitglieder. (APA, 13.1.2024)