Politisch war der Name Alexis Pascuttini bis vor zwei Jahren kein Bekannter. Seit dem 2021 durch einen Whistleblower bekanntgewordenen Finanzskandal der FPÖ Graz spielt der 1996 in Wien geborene und in Knittelfeld aufgewachsene Jurist und Corpsstudent aber eine Rolle, die seine Ex-Partei so sicher nicht für ihn geplant hatte.

In Knittelfeld, das ist vielleicht ein Treppenwitz der Geschichte, begann für die FPÖ schon einmal nichts Gutes. Der sogenannte Knittelfelder Putsch, eine blaue Parteiversammlung in der Stadt im Murtal, sprengte 2002 die schwarz-blaue Regierung unter Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP).

Alexis Pascuttini schreibt an einem Aufdeckerbuch über seine Erlebnisse in der FPÖ.
der Plankenauer, www.der-plankenauer.at

Pascuttini, zuvor stellvertretender Bezirksvorsteher in Graz Gösting, wurde 2021 nach dem Rücktritt der Parteispitze rund um Ex-Vizebürgermeister Mario Eustacchio zum Klubchef ernannt. Claudia Schönbacher, bis dahin einfache Gemeinderätin, wurde statt Eustacchio Stadträtin. Vielleicht hoffte man, der junge Mann würde dankbar für die "Beförderung" und lenkbar sein. Doch der machte schon bald Probleme.

Unliebsamer Zweifler

Pascuttini zweifelte von Anfang an der die Einzeltätertheorie rund um die Selbstanzeige des Klubdirektors Matthias Eder, der sich selbst belastete, 710.000 Euro veruntreut zu haben. Im April 2022 beschloss Pascuttini, sich dem Verfahren mit einem eigenen Anwalt, nämlich Michael Dohr, anzuschließen – gegen den Willen der von Mario Kunasek geführten Landes-FPÖ. Schönbacher war dabei stets an der Seite von Pascuttini. Beide hatten nämlich das Gefühl, dass bei den Ermittlungen seitens der Landespartei nicht alles offengelegt wurde.

Ein Verdacht, den später auch die ermittelnde Staatsanwaltschaft (StA) Klagenfurt, die den Fall von den Grazer Kollegen wegen Befangenheit übernommen hatte, hegte: Gegen Kunasek wird bekanntlich wegen falscher Zeugenaussage, Beweismittelunterdrückung und auch wegen Untreue ermittelt.

Zum endgültigen Bruch mit Kunasek und der FPÖ kam es im Oktober 2022. Pascuttini, Schönbacher und andere Gemeinderäte wurden von Kunasek und Herbert Kickl aus der Partei geworfen, weil sie Gemeinderat Roland Lohr aus ihrem Klub ausgeschlossen hatten. Denn gegen ihn wurde eine Verwicklung in die Finanzaffäre ruchbar. Er zählt heute zu den neun Beschuldigten. Doch Kunasek und Kickl wollten Lohr unbedingt halten. Bei Lohr wurden zudem – wie berichtet – bei Hausdurchsuchungen Material mit NS-Bezügen sichergestellt. Lohr ist mittlerweile aus der FPÖ ausgetreten und nun freier Mandatar. Der Parteiausschluss war der erste Versuch der FPÖ, Pascuttini loszuwerden. Für Pascuttini damals besonders bitter: "Ich laborierte damals an den Folgen eines schweren Lungeninfarkts und wurde per Notverordnung ausgeschlossen."

Böse Zungen

Böse Zungen im Rathaus behaupteten schon damals, man wollte Pascuttini bzw. seinen Klub als Privatbeteiligte aus dem Verfahren hinausdrängen und damit seine Akteneinsicht verhindern.

Doch das gelang nicht. Denn der in Korruptionsfreier Gemeinderatsklub Graz (KFG) umbenannte Klub von Pascuttini und seinen ebenfalls ehemals blauen Mitstreitern überlebte als Rechtsnachfolger im Verfahren.

Im Oktober 2022 hatten Anwälte Eustacchios bei der Staatsanwaltschaft bereits angeregt, den KFG aus dem Verfahren auszuschließen. Darauf reagierte die StA vorerst nicht. Als Mario Kunasek im Jänner 2023 erstmals ins Visier der StA geriet, regte nun auch sein Anwalt an, den KFG auszuschließen. Diesmal wurde dem überraschend stattgegeben. Dem STANDARD erklärte die StA damals, der KFG sei quasi durch Versehen monatelang am Verfahren beteiligt gewesen.

Schlaflose Nächte

Doch Pascuttini legte Einspruch beim Landesgericht Klagenfurt ein, das ihm recht gab. So auch das Oberlandesgericht Graz. Seit November hat der Jungpolitiker wieder Akteneinsicht und Parteistellung im Verfahren und bereitet seiner Ex-Partei vermutlich schlaflose Nächte. Denn Pascuttini schreibt auch an einem Aufdeckerbuch über seine Erlebnisse in der FPÖ, der er zehn Jahre angehörte. Der Titel des Buches spielt auf ein altes studentisches Lied an, sind doch auch viele der Beschuldigten in Burschenschaften: "Wenn alle Untreue begehen".

Er vermutet, dass es wegen der Recherchen zu diesem Buch zum bisher dritten Versuch kam, ihn im Verfahren "ruhigzustellen". Denn der Anwalt Mario Kunaseks forderte von der Staatsanwaltschaft Klagenfurt in einem Schreiben vom Dezember, Pascuttinis Handy sicherzustellen.

Die Staatsanwaltschaft Klagenfurt kam im Vorjahr in die Kritik, weil sie dem Journalisten Franz Miklautz das Handy abnahm. Sie musste es Miklautz zurückgeben. Pascuttini, wie Miklautz kein Beschuldigter in einem Strafverfahren, hat seines noch. (Colette M. Schmidt, 23.1.2024)