Das Bild zeigt eine Frau am Smartphone
Der Informationskrieg im Netz ist in vollem Gange, besonders in einem Superwahljahr wie heuer.
© Roam Films

Nachdem die USA bereits mit Bulgarien, Deutschland und Moldawien Absichtserklärungen zum Kampf gegen Desinformation unterzeichnet haben, strebt Washington auch mit anderen europäischen Ländern eine diesbezügliche Zusammenarbeit an. Dies erklärte der im US-Außenministerium zuständige Diplomat James P. Rubin in einem Onlinebriefing am Mittwochnachmittag. Rubin unterstrich dabei die besondere Aktualität von russischen Desinformationskampagnen in Europa.

"In diesem Jahr gibt es offensichtlich eine besondere Verletzlichkeit, weil es zu demokratischen Wahlen in der ganzen Welt kommt", erläuterte der US-Diplomat und erinnerte insbesondere an kommende Urnengänge in der EU. Wahlen seien zwar nicht die einzige Situation, in denen Informationskriege ein Problem würden. Sie seien aber ein diskreter Weg zur Beeinflussung, wenn sich Menschen mit politischen Themen beschäftigen, auf die Bemühungen Russlands zur Desinformation abzielen.

Russland würde freilich auch abseits von Wahlen versuchen, Demokratien zu unterminieren und gegen die westliche Einheit bei der Unterstützung der Ukraine vorzugehen, ergänzte Rubin. Geringe Erfolge dieser Anstrengungen in Europa hätten im letzten Jahr jedoch auch dazu geführt, dass Moskau nun versuche, diesbezügliche Aktivitäten in andere Teile der Welt umzuleiten. Eine russische Manipulationsoperation in Lateinamerika sei kürzlich enttarnt worden, berichtete er.

Mit Verweis auf Covid-19, den russische Krieg gegen die Ukraine und den Hamas-Terrorüberfall auf Israel, für die Desinformation aus Russland und China auch die USA verantwortlich gemacht hatten, klagte Rubin über eine Attitüde, Amerika zuallererst zu beschuldigen. Diesem "Blame America first" sei schwer beizukommen, weil China und seit 2022 verstärkt auch Russland ihre Informationsräume vom Rest der Welt abgekoppelt hätten. "Diese grundlegende Asymmetrie bedeutet, dass der Rest der Welt nun ein freies Spielfeld für Russland und China ist, die versuchen den Informationsraum zu dominieren, zu verwirren und zu manipulieren", sagte der Diplomat.

Als Gegenmaßnahme forciert das US-amerikanische Außenministerium ein "diplomatisches Rahmenwerk", das notwendige Schritte für Regierungen und Zivilgesellschaften zur Bekämpfung von Informationsmanipulation anführt und zur Entlarvung von verdeckter Beeinflussung durch Russland und China beitragen soll. "Es wäre schön, wenn sich alle europäische Staaten und nicht bloß Deutschland, Bulgarien sowie Moldawien auf dieses Rahmenwerk verständigen könnten und mit uns Absichtserklärungen unterzeichnen würden", erklärte Rubin.

Der Diplomat betonte gleichzeitig, dass diese Anstrengungen gegen Desinformation nicht auf Zensur hinauslaufen und Regierungen auch nicht festlegen sollten, was wahr oder falsch sei. Kritik übte er dabei an nicht namentlich genannten Ministern in Zentral- und Osteuropa. Diese hätte in Gesprächen mit ihm bestimmte Medienartikel als "Desinformation" bezeichnet. "Du siehst dir das dann genauer an und entdeckst, dass das bloß ein Artikel ist, der ihnen nicht gefallen hat. Das ist aber keine Desinformation", erzählte er. (APA, 1.2.2024)