Ballett
In Bobbi Jene Smiths Ballett "Marie & Pierre" im Festspielhaus St. Pölten – einmalig zu sehen am 17. 2. – befeuern sich die Gegensätze.
Jubal Battisti

Noch sind Hopfen und Malz nicht verloren bei den Verhältnissen zwischen Frau und Mann. Das jedenfalls legt das anbrechende Wochenende mit einigen bemerkenswerten Tanzproduktionen nahe. Im Festspielhaus St. Pölten treten Marie & Pierre in der Choreografie von Bobbi Jene Smith mit- und gegeneinander an. Im Wiener Kulturhaus Wuk bringt ein Doppelabend Chiara Bartl-Salvis Poetik des Verweilens und Viktor Szeris Burn-out-Stück Fatigue zusammen. Und im Tanzquartier Wien feiern Bryana Fritz und Thibault Lac gemeinsam eine queere Knight-Night.

Der Samstag gehört auf jeden Fall der 42-jährigen US-Amerikanerin Smith, die mit 21 Jahren ihr Tanzstudium an der renommierten New Yorker Juilliard School schmiss, um in Tel Aviv bei Ohad Naharins fabelhafter Batsheva-Kompanie anzuheuern. Dort blieb sie zwölf Jahre lang und begann, selbst zu choreografieren und zu filmen. Heute genießt sie international einen ansehnlichen künstlerischen Ruf, der das Theater Basel dazu brachte, sie mit einem großen Stück für die hauseigene Ballett-Compagnie zu beauftragen.

Kunst des Verweilens

Das Ergebnis heißt Marie & Pierre und ist sogar ein Doppelstück geworden. Dieses gastiert jetzt ein Mal (17. 2.) in St. Pölten. Marie und Pierre sind Typen, die in eigenen Welten leben und doch zusammengehören, also Gegensätze, die einander funkensprühend anziehen. Dabei weist Bobbi Jene Smith nach, wie gut sie das Geschichtenerzählen auf der Tanzbühne beherrscht.

Im Wuk, dessen Performing-Arts-Abteilung vor kurzem von Andreas Fleck neu übernommen wurde, geschieht das Erzählen auf einer anderen, sehr bildhaften Ebene, denn die gebürtige Salzburgerin Chiara Bartl-Salvi (29) bringt Tanz und bildende Kunst zusammen. In ihrer Uraufführung von What remains for us but linger? (16.–18.2.) üben drei Tänzerinnen die Kunst des Verweilens aus. In einem differenzierten Akt der Umkreisung spielen die Körper des Trios, ein rotierendes Objekt und ein Gaming Controller mit Zeit, Raum und Rhythmus. Auch der Ungar Viktor Szeri (31) operiert in einem eingebremsten Modus, denn sein Solo Fatigue (16. & 17.2.) handelt vom Burn-Out. Apathie dämpft Szeris Aktivitäten, sein Verweilen ist ein erzwungenes.

Der Ritter als Ritterin

Bryana Fritz und Thibault Lac beschwören im Tanzquartier Wien mit ihrer Ko-Kreation Knight-Night (17. & 18.2.) die US-amerikanische Schriftstellerin Kathy Acker, namentlich die weibliche Hauptfigur ihres Werks Don Quixote: Which Was a Dream von 1986.

Der Franzose Lac ist in Wien vor allem als Tänzer in Stücken von Trajal Harrell bekannt, Fritz ist eine aus Chicago stammende Choreografin. Die beiden haben in Anne Teresa De Keersmaekers Brüsseler P.A.R.T.S.-Schule studiert. Noch etwas verbindet sie: ihr gemeinsames Interesse für Feminismus und queere Kunst. (Helmut Ploebst, 15.2.,2024)