Stefanie Lindstaedt ist Gründungspräsidentin einer neuen Linzer Universität und internationale Wissenschafterin. Das verlangt ihr auch im Privaten viel Flexibilität und Transformationsbereitschaft ab.

"Das Trampolin habe ich mir vor ein paar Jahren angeschafft. Abends, wenn ich nach Hause komme, springe ich da drauf herum, meistens so 20 Minuten mit einem Online-Training – erstens, um meine Spannungen loszuwerden, und zweitens, um meinem Körper nach einem Tag mentaler Arbeit ein bisschen Bewegung zu gönnen. Die Raumhöhe beträgt zwar nur 2,50 Meter, und wenn man richtig Schwung nehmen wollte, dann wäre das nicht so gut, aber darum geht es ja nicht. Es geht um die minimale Bewegung im ganzen Körper, um die Aktivierung von Muskeln und Faszien, und glauben Sie mir, die wirkt Wunder!

Von der Studentinnen-WG zog Stefanie Lindstaedt in ihre kleine Wohnung an der Linzer Landstraße.
Von der Studentinnen-WG zog Stefanie Lindstaedt in ihre kleine Wohnung an der Linzer Landstraße.
Dietmar Tollerian

Das Trampolin ist eines der wenigen Möbelstücke, denn die Wohnung hat 45 Quadratmeter, ist recht nüchtern eingerichtet, eine typische Arbeitswohnung einer Akademikerin, die keine Zeit findet, sich einzurichten. Es gibt eine schöne Couch, einen roten Polstersessel von Ikea, einen Couchtisch, einen Esstisch, der nur so tut, als sei er ein Esstisch, denn eigentlich dient er meist als Working-from-Home-Schreibtisch, und zwei Stühle. Das Einzige, was noch fehlt, ist eine Lampe an der Decke.

Diese Wohnung ist schon meine zweite Wohnung. Die erste Wohnungssuche hat sich ganz anders gestaltet als gedacht. Letzten Sommer hatte ich eine nette, sympathisch klingende Online-Anzeige gesehen, habe die Vermieterin angerufen, wir haben uns so richtig nett unterhalten, und nach einer halben Stunde Telefonat hat sich herausgestellt, dass es sich dabei nicht um eine Mietwohnung handelt, sondern um ein Zimmer in einer Studenten-WG. Das war so absolut nicht das, was ich wollte, aber ich dachte mir: Hey, wenn wir schon so nett plaudern, let's give it a try!

Der Tisch ist mehr Schreib- als Esstisch.
Der Tisch ist mehr Schreib- als Esstisch.
Dietmar Tollerian

Und so habe ich die ersten drei Monate in Linz mit drei Studentinnen zusammengewohnt, einer Medizinerin, einer Künstlerin, einer Architektin. Das Angenehme war: Kaum war ich zu Hause, war ich nicht mehr Gründungspräsidentin der neuen Uni, sondern nur Mitbewohnerin. Wir haben uns großartig verstanden. Blöd nur, dass direkt unter meinem Fenster ein Jazzclub war, das war auf Dauer mit meinen Schlafenszeiten nicht vereinbar.

Und so bin ich hier gelandet, in meiner ersten Linzer Wohnung ganz für mich allein, mitten auf der Landstraße. Irgendwie muss ich die Stadt, ihre Seele, ihre Menschen ja kennenlernen – das geht im Zentrum eindeutig besser als draußen am Stadtrand. Die Wohnung ist ein guter Rückzugsbereich. Man hat im Vorfeld in den Medien viel davon mitbekommen, dass die Gründung so einer Universität ein Politikum ist, dass wohl nicht alle Prozesse ganz transparent abgelaufen sind, dass die Entstehungsgeschichte und auch die Bestellung meiner Person reichlich Friktion erzeugt haben.

Wenn einmal Heimweh aufkommt, schaut sich Stefanie Lindstaedt das Bild mit den alten Fachwerkhäusern in Ulm an, das sie geschenkt bekommen hat.
Wenn einmal Heimweh aufkommt, schaut sich Stefanie Lindstaedt das Bild mit den alten Fachwerkhäusern in Ulm an, das sie geschenkt bekommen hat.
Dietmar Tollerian

Ich denke, damit muss man rechnen, wenn man sich bereiterklärt, etwas ganz Neues zu gründen, eine Institution aus dem Boden zu stampfen, neue Netzwerke mit Lehre, Kultur, Forschung, Industrie aufzubauen. Aber ich liebe diesen Job. Wir haben in wenigen Monaten mit vielen Linzer Institutionen ein gutes Gesprächsniveau aufgebaut, und ich glaube fest daran, dass die IT:U in der digitalen Transformation und Anwendung digitaler Medien eine wichtige Rolle spielen wird. Wiewohl dies natürlich Jahre dauern wird.

So ein Job als Wissenschafterin verlangt einem viel ab – zum Beispiel viel Mobilität und Flexibilität. Ich bin Deutsche, mein Mann ist Holländer, kennengelernt haben wir uns in den USA, danach waren wir in Deutschland, und nun befindet sich unser Lebensmittelpunkt in Graz. Ich bin also eine irgendwie heimatlose Pendlerin.

Das Trampolin ist täglich im Einsatz.
Das Trampolin ist täglich im Einsatz.
Dietmar Tollerian

Wenn man in der internationalen Wissenschaft zu Hause ist, dann nimmt man in Kauf, dass genau dies die Definition von Heimat ist. Wenn ich ab und zu so was wie Heimweh bekomme, dann schaue ich mir mein gelbes Ulmer Bild an, das ich geschenkt bekommen habe. In einem der drei Fachwerkhäuser, die darauf zu sehen sind, habe ich mal gewohnt." (Wojciech Czaja, 26.2.2024)