Andreas Hanger fungiert in beiden demnächst startenden U-Ausschüssen als Fraktionschef der ÖVP.
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Keinen Erfolg hatten SPÖ und FPÖ mit ihrem Vorhaben, den von der ÖVP im Alleingang initiierten Untersuchungsausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" wegen Rechtswidrigkeit zu Fall zu bringen – sie sind mit ihrem Antrag vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) abgeblitzt. "Dies zu prüfen kommt dem VfGH nicht zu", gab das Höchstgericht am Freitag bekannt.

SPÖ und FPÖ hatten den im Verlangen der ÖVP formulierten Untersuchungsgegenstand für verfassungswidrig gehalten. Sie zogen deshalb Mitte Jänner mit einem Antrag vor das Höchstgericht. Konkret fochten die beiden Oppositionsparteien an, dass ÖVP und Grüne ergänzende Beweisanforderungen zu Akten aus dem Justizministerium abgelehnt hatten. Rote und Blaue hielten dies für rechtswidrig, und zwar deshalb, weil der gesamte Untersuchungsgegenstand ebenfalls rechtswidrig und noch dazu keine Begründung von Volkspartei und Grünen vorgelegt worden sei.

"Ob der Gegenstand des Untersuchungsausschusses an sich den verfassungsrechtlichen Vorgaben (...) entspricht, hatte der VfGH in diesem Verfahren nicht zu prüfen", begründet das Höchstgericht nun. Es sei nämlich gesetzlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen Nationalratsabgeordnete die Einsetzung eines U-Ausschusses bekämpfen können. Der VfGH sei "nicht befugt", diese Frage "in einem Verfahren zu prüfen, in dem es um die Frage geht, ob eine ergänzende Beweisanforderung in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand steht".

Antrag nicht ausreichend begründet

Mit ihrem Antrag wollten SPÖ und FPÖ also auch erreichen, dass Akten aus dem Justizministerium geliefert werden müssen. Konkret geht es etwa um Unterlagen bezüglich einstiger Ermittlungen rund um die ÖVP-nahe Agentur Mediaselect. SPÖ und FPÖ wollten diese aus dem Justizministerium beschaffen lassen, scheiterten aber an der Koalitionsmehrheit.

ÖVP und Grüne hatten ihre Ablehnung damit begründet, dass SPÖ und FPÖ nicht nachvollziehbar dargelegt hätten, inwiefern die angeforderten Akten der Klärung des Untersuchungsgegenstandes dienen könnten. Dieser Begründung sei, so der VfGH, nicht entgegenzutreten. Dieser wies den Antrag von Sozialdemokraten und Freiheitlichen als "unbegründet" zurück. Die beiden Oppositionsparteien hätten nämlich "nicht näher dargelegt, inwieweit sich diese Akten auf Handlungen beziehen, die vom Untersuchungszeitraum erfasst sind".

Die Entscheidung der Höchstrichter dürfte auch Auswirkungen auf weitere Verlangen haben, nämlich von ÖVP und Neos. Sie wollten Unterlagen aus dem Justizressort im Zusammenhang mit einer alten Korruptionsaffäre der Kärntner Freiheitlichen und der Spesenaffäre der Wiener FPÖ, wurden bislang aber vom Justizressort vertröstet.

Dieses erklärte kürzlich in einer Mitteilung an Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), warum man den begehrten Aktenlieferungen vorerst nicht nachkomme – und zwar unter anderem deshalb, weil man diese Aktenlieferung, die sich auf den fünften Punkt des Untersuchungsgegenstands bezieht, als "verfassungsrechtlich problematisch" sehe. Das Ministerium sah sich deshalb veranlasst, "die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs abzuwarten".

"Nicht viel Hirnschmalz dabei"

Grund zur Freude hat ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger. "Die rot-blauen Versuche, diese Untersuchung abzudrehen" seien "erwartungsgemäß gescheitert", reagierte er auf den Entscheid des Höchstgerichts. Hanger sprach von einem "durchschaubaren Manöver der rot-blauen Allianz". Grünen-Fraktionsführerin Meri Disoski wiederum sah sich darin bestätigt, dass die Koalitionsmehrheit ergänzende Beweisanforderungen von SPÖ und FPÖ zu Akten aus dem Justizministerium abgelehnt hatten.

Eva-Maria Holzleitner, Fraktionsführerin in diesem U-Ausschuss, monierte hingegen, dass die Entscheidung "leider weiterhin keine Klarheit darüber bringt, ob der von der ÖVP ins Leben gerufene Untersuchungsausschuss überhaupt verfassungskonform ist". Verärgert reagierte FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker, der dem Höchstgericht unterstellte, sich "nicht in der Lage" zu sehen, über die Verfassungskonformität von U-Ausschüssen zu entscheiden. Das Minderheitenrecht im Zusammenhang mit dem parlamentarischen Kontrollgremium würde dadurch "schwer beschädigt und verkommt zu einem Instrument der Willkürherrschaft der Regierungsmehrheit".

Auch Neos-Fraktionsführer Yannick Shetty sieht den von der ÖVP eingesetzten U-Ausschuss "rechtlich auf sehr wackeligen Beinen". Betrachte man diverse Fehler im Verlangen, merke man, "da war auch nicht viel Hirnschmalz dabei", sagte er.

Der von der ÖVP initiierte U-Ausschuss ist bekanntlich eine Art Gegenveranstaltung zum von SPÖ und FPÖ ins Leben gerufenen Cofag-U-Ausschuss. Während nämlich Sozialdemokraten und Freiheitliche untersuchen wollen, ob der ÖVP nahestehende Unternehmer bei der Vergabe von Corona-Geldern bevorzugt wurden, will die Volkspartei der Frage nachgehen, ob in einst von SPÖ und FPÖ geführten Ministerien Machtmissbrauch begangen wurde. Die Befragungen im Cofag-U-Ausschuss starten kommende Woche am 6. März, jene im U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" am 13. März. (Sandra Schieder, 1.3.2024)