Es gehört schon viel Niedertracht dazu, Trauernde zu schikanieren. Die Methoden, mit denen Russlands Behörden die Bevölkerung rund um das Begräbnis des in Lagerhaft zu Tode geschundenen Kreml-Kritikers Alexej Nawalny am Freitag einschüchterten, passen aber in das Schema, nach dem Wladimir Putins Regime seit zwei Jahrzehnten agiert.

Sarg von Alexej Nawalny
Der Sarg Alexej Nawalnys wurde am Freitag in die Kirche hineingetragen.
AFP/ALEXANDER NEMENOV

Hatte der Kreml zu Nawalnys Lebzeiten versucht, diesen per Gift und Lagerhaft mundtot zu machen, will er nun auch jene zum Schweigen bringen, die um ihn trauern. Nicht einmal vor Nawalnys Mutter machte die Einschüchterungskampagne halt. Bis zuletzt hatten die Behörden sie im Unklaren gelassen, wo sich der Leichnam ihres Sohnes befindet. Man habe der Familie nichts zu sagen, hieß es vom Kreml am Freitag. Und: Versammlungen zum Gedenken Nawalnys seien per Gesetz verboten.

Dass die Drohkulisse aus Kreml-Sicht nicht besonders gut wirkte, legen die Bilder von den langen Warteschlangen vor der Kirche nahe. Trotz eines massiven Polizeiaufgebots und Berichten über Ausweiskontrollen haben Tausende die Anreise an den Moskauer Stadtrand auf sich genommen, um sich von dem Oppositionellen zu verabschieden.

Dass Putin Nawalny auch über den Tod hinaus verfolgt, offenbart aber auch, wie groß die Angst des Kreml vor dessen Kritik ist. So kurz vor der Wahlfarce Mitte März duldet Putin offenbar nicht das geringste Widerwort. Nicht einmal von einem Toten. (Florian Niederndorfer, 1.3.2024)