Dass vor gewissen gastronomischen Etablissements in Wien lange Touri-Schlangen anstehen, versetzt einen immer wieder in Staunen. Sagen wir es einmal diplomatisch: Das Preis-Leistungs-Verhältnis allein kann es nicht sein. Die Erklärung eines Menschen, der das Licht der Welt noch etwas tiefer im 20. Jahrhundert erblickt hat, lautet meist: "Das Lokal steht in den Reiseführern." Ja eh. Wie die großen Sehenswürdigkeiten, bei und in denen sich die Leut’ auf die Füße treten, während es ein paar Gassen weiter fast leer ist. Ist überall auf der Welt so, wohin es Reisende verschlägt (also bei weitem nicht überall auf der Welt).

Hier bilden sich immer wieder Touri-Schlangen: das Wiener Café Central.
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Eine berühmte Stadt in einem osteuropäischen Land, nach langem Hatscher winkt die tatsächliche und metaphorische Wärme eines Cafés, gemütlich, aber gleichzeitig irgendwie schick. Bummvoll, gerade noch Platz für uns. Man stellt fest, dass die Fünfergruppe aus Österreich im Vergleich mit dem Rest des Publikums – mindestens – der Elterngeneration angehört. Und es handelt sich fast ausschließlich um junge Frauen.

Beim zweiten Besuch detto: Mädels gleichen Alters, die meisten trinken Tee, und haben sie nicht alle die Haare gleich? Das Rätselraten beginnt: Mädchenpensionatsausflug, spezielles Dating, gar was Unanständiges, ein Casting? Die ins Bild passende nette Serviererin klärt beim Abschied auf Nachfrage auf: Instagram, Influencerin. Man muss sie nicht gesehen haben, um ihre Frisur zu kennen. (Gudrun Harrer, 5.3.2024)