Angebissener Apfel und Doughnut
Apfel oder Doughnut? Wie man sich ernährt, kann sich darauf auswirken, als wie attraktiv man wahrgenommen wird.
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Haben Sie heute schon gefrühstückt? Wenn nein, lässt sich mit der Entscheidung, ob es eine Semmel mit Marmelade oder ein Vollkornmüsli mit Joghurt werden soll, womöglich noch beeinflussen, wie Sie heute bei Ihren Mitmenschen ankommen. Der Spruch "Wir sind, was wir essen" lässt sich nämlich ausdehnen auf "Wir strahlen aus, was wir essen" – zumindest wenn es nach einer neuen Studie geht, die einen statistischen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von raffinierten Kohlenhydraten und der wahrgenommenen Attraktivität feststellte.

Raffinierte Kohlenhydrate kommen in Lebensmitteln vor, die so verarbeitet wurden, dass ihnen ein Großteil ihres Nährwerts abhanden gekommen ist, also etwa in Weißmehl, Haushaltszucker, weißem Reis und vielen Snacks. Längst ist bekannt, dass sie den Blutzuckerspiegel stark ansteigen lassen und eine Reihe von negativen gesundheitlichen Folgen nach sich ziehen, also etwa Fettleibigkeit, Typ 2-Diabetes und Herzkreislaufkrankheiten begünstigen. Hochverarbeitete Lebensmittel stehen auch im Verdacht, Depressionen und neurodegenerative Erkrankungen zu befeuern.

Doch wirkt sich das, was wir essen, auch auf unser Aussehen, unsere Gesichtszüge aus? Übermäßiger Konsum von raffinierten Kohlenhydraten und Zucker steht im Ruf, die Haut älter und schlaffer aussehen zu lassen. Der überschüssige Zucker lagert sich an das Kollagen an, wodurch sich die Zellerneuerung verlangsamt. Gut erforscht ist auch, dass raffinierte Kohlenhydrate auf bestimmte Hormone wirken. "Weniger bekannt ist, dass auch die Sexualhormone beeinflusst werden", sagt Claire Berticat, Evolutionsbiologin an der französischen Universität Montpellier. "Und Sexualhormone haben wiederum einen Einfluss auf das Aussehen, wie die Attraktivität des Gesichts."

Foto nach dem Frühstück

Um mehr über diesen möglichen Zusammenhang herauszufinden, führte das Forschungsteam rund um Berticat und Erstautorin Amandine Visine einige Experimente mit 104 Probandinnen und Probanden durch. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachblatt "Plos One" veröffentlicht. Den Testpersonen wurde entweder ein Frühstück mit maximal 500 Kalorien bestehend aus Fetten, Proteinen und ausschließlich einfachen, nicht verarbeiteten Kohlenhydraten serviert oder ein hochglykämisches Frühstück mit ausschließlich raffinierten Kohlenhydraten. Bei beiden Gruppen wurde der Blutzucker auf leerem Magen und eine halbe beziehungsweise eineinhalb Stunden nach dem Frühstück gemessen. Außerdem füllten die Teilnehmenden einen Fragebogen aus, um ihre typischen Gewohnheiten in Bezug auf ihren Konsum von raffinierten Kohlenhydraten zu bewerten.

Löffel mit Cornflakes
Gesüßte Cornflakes gehören zu den Lebensmitteln, die raffinierte Kohlenhydrate enthalten.
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Zwei Stunden nach ihrem Frühstück wurden ihre Gesichter fotografiert, wobei darauf geachtet wurde, dass möglichst gleiche Bedingungen vorlagen, sowohl bei den Testpersonen, als auch bei den Freiwilligen, denen die Fotos vorgelegt wurden. In die Untersuchung wurden etwa nur Personen mit vier Großeltern europäischer Herkunft einbezogen, um die kulturelle Heterogenität zu verringern. Die heterosexuellen Freiwilligen wurden dann gebeten, die Gesichtsattraktivität der jeweils andersgeschlechtlichen Testpersonen zu bewerten.

Die statistische Analyse zeigte, dass die Art des Frühstück sich durch die Bank unmittelbar auswirkte. Sowohl die Gesichter von Frauen als auch jene von Männern, die ein hochglykämisches Frühstück, also eines mit vielen raffinierte Kohlenhydraten, zu sich genommen hatten, wurden als weniger attraktiv wahrgenommen als Männer und Frauen aus der anderen Gruppe.

Unterschiede beim Nachmittagssnack

Zusätzlich zu den unmittelbaren Auswirkungen sollte auch untersucht werden, wie sich ein chronischer Verzehr raffinierter Kohlenhydrate auswirkt. Dazu wurden drei Mahlzeiten, bei denen man klassischerweise zu ungesunden Kohlenhydratbomben greift, herangezogen: neben dem Frühstück der Nachmittagssnack (französisch goûter) und Snacks zwischen den Mahlzeiten. Auch hier zeigte sich, dass Menschen mit einem Zug zu raffinierten Kohlehydraten als weniger attraktiv angesehen wurden, allerdings stellte das Forschungsteam einige geschlechtsspezifische Unterschiede fest: Speziell bei Männern war der Verzehr von energie- beziehungsweise fett- und proteinreichen Lebensmitteln am Nachmittag mit einer niedrigeren Attraktivitätsbewertung verbunden, während der Verzehr von hochglykämischen Lebensmitteln mit einer höheren Attraktivitätsbewertung einherging.

"Der Snack am Nachmittag erfüllt für manche ein reales Bedürfnis nach Essen", vermutet Claire Berticat das klassische Nachmittagstief mit niedrigem Blutzucker- und Insulinwerten als Ursache für die tageszeitabhängigen Unterschiede. "Männer, die zu dieser Zeit hochglykämische Snacks konsumieren, könnten durch den schnellen Glucose-Boost attraktiver erscheinen. Bei Frauen hingegen könnten solche Snacks zu einem negativen Effekt führen, vielleicht aufgrund der Alterungseffekte, die Zucker auf die Haut hat." Das hänge damit zusammen, dass bei Frauen und Männern unterschiedliche Stoffwechselprozesse ablaufen.

Neben diesen Effekten dürfte vor allem eine erhöhte Konzentration des Hormons Insulin für eine Veränderung der Gesichtszüge sorgen. Denn der Insulinspiegel beeinflusst die Synthese von Androgenen, die Vorstufen von männlichen und weiblichen Sexualhormonen sind. Deren Produktion wirkt sich wiederum darauf aus, wie attraktiv eine Person wahrgenommen wird, heißt es in der Studie. Weitere Untersuchungen, auch an größeren und vielfältigeren Stichproben, seien jedenfalls erforderlich, um das Verständnis dafür zu vertiefen, wie genau raffinierte Kohlenhydrate und verarbeitete Lebensmittel mit der Attraktivität und anderen sozialen Merkmalen zusammenhängen könnten. Die aktuelle Studie sei aber ein Hinweis darauf, dass die Wahl unseres Essens weitreichendere Auswirkungen haben könnte als gemeinhin bekannt. (Karin Krichmayr, 7.3.2024)

Update: Der Artikel wurde um 10 Uhr aktualisiert.