Amphibien, dazu gehören Frösche, Kröten, Unken, Salamander und Molche, sind die am stärksten bedrohte Wirbeltiergruppe weltweit. Die höchste Artenvielfalt gibt es in den Tropen, in Österreich sind 21 verschiedene Amphibienarten heimisch. Obwohl Amphibien hier streng geschützt sind, gehen die Bestände auch in Österreich dramatisch zurück, weshalb alle vorkommenden Arten auf der Roten Liste stehen. Verantwortlich für ihren Rückgang ist neben dem großräumigen Einsatz von Pestiziden in der Landwirtschaft vor allem der Verlust ihrer Lebensräume durch Trockenlegung und Versiegelung von Flächen.

Knoblauchkröte
Die Knoblauchkröte (Pelobates fuscus) kann sich mit ihren schaufelartigen Beinen rasch im lockeren Boden vergraben.
Georg Haberfellner

Als Bewohner zweier Welten (amphi bios gr. = "doppellebig") benötigen Amphibien sowohl einen intakten Lebensraum an Land als auch zu Wasser. (Menschliche) Aktivitäten, welche diese Lebensräume stören oder deren Vernetzung verhindern, sind hauptverantwortlich für den Rückgang von Amphibien. Eine weitere Bedrohung der Amphibien stellt der "Amphibienpilz" (Batrachochytrium dendrobatidis – kurz: "Bd") dar. Dieser verbreitet sich immer mehr in Europa und kann die Gesundheit der Amphibien beeinträchtigen und auch zum Tod der Organismen führen. Nachgewiesenermaßen spielen hierbei illegal ausgesetzte, unliebsam gewordene Zierfische, welche als Überträger des Pilzes fungieren können, eine große Rolle. Generell gelten Fische als Gefahr für Amphibien. Vor allem im Laich- und Kaulquappenstadium sind sie ein gefundenes Fressen für (Raub-) Fische, was zum Schwund ganzer Populationen führen kann.

Wasser als Informationsträger

Um ein Bild über die momentane Situation der Amphibien in ganz Österreich zu bekommen, wurde am Institut für Zoologie der Universität Innsbruck das Projekt "Frosch im Wassertropfen Österreich" ins Leben gerufen. Ziel ist es, zum ersten Mal die Artenvielfalt der Amphibien in ganz Österreich anhand ihrer DNA-Spuren zu erfassen. Sogenannte Umwelt-DNA (environmental DNA, eDNA) kann durch moderne, hochsensitive DNA-Analysemethoden in Wasserproben nachgewiesen werden. Dabei handelt es sich um von den Organismen losgelöste DNA aus jenen Zellen, welche von den Tieren in geringen Mengen ständig in das sie umgebende Wasser abgegeben werden (über Kot, Schleimhaut und dgl.). Auch wenn sie mit freiem Auge nicht zu sehen sind, können diese eDNA-Spuren in Wasserproben gefunden werden. Anhand dieser lassen sich die Amphibienarten, welche sich im Frühling zur Paarungszeit in den Gewässern einfinden, sowie auch das Vorhandensein des "Amphibienpilzes" mittels "eDNA-Fingerabdruck" schnell und zuverlässig identifizieren.

"Jede Art hat einen eigenen 'DNA-Fingerabdruck', den sie in kleinen Mengen ans Wasser abgibt", erklärt Corinna Wallinger, Expertin für die Suche nach DNA-Spuren in Ökosystemen. "In unseren modernen Labors können wir diese winzigen Spuren durch eDNA-Analyse finden. Die Wasserproben werden auch auf den Chytridpilz 'Bd' untersucht. Dieser breitet sich seit den 80er-Jahren weltweit aus und ist eine große Gefahr für Amphibien, für die er hochansteckend und oftmals tödlich ist. Umso wichtiger ist es zu wissen, wie stark sich der Pilz bereits in Österreich ausgebreitet hat. Die größte Bedrohung für unsere heimischen Amphibienbestände ist jedoch mit Abstand der Verlust des Lebensraums durch Bebauung und Landwirtschaft." Deshalb ist auch die Mithilfe der Gartenbesitzer:innen so gefragt, indem sie durch die Gestaltung amphibienfreundlicher Gewässer dieser bedrohten Tiergruppe helfen können.

Gelbbauchunken
Zwei Gelbbauchunken (Bombina variegata) während der Probennahme. Gelbbauchunken sehen von oben recht unscheinbar aus, ihr Bauch hingegen leuchtet gelb und dient als Warnsignal.
Bianca Zerobin

Mitmachen und Entdecken

Um möglichst großflächig und zeitgleich eine Erhebung der Amphibiendiversität in Österreich durchzuführen, bedarf es der direkten Einbindung der Bevölkerung. Nur mithilfe vieler interessierter Personen, die als Citizen-Scientists agieren, kann diese Forschung überhaupt erst möglich gemacht werden. Die Zielgruppen des Projekts sind einerseits Personen, die aus beruflichen Gründen mit Amphibien(-schutz) in Kontakt sind, wie zum Beispiel Landesinstitutionen, NGOs oder Mitarbeitende in geschützten Naturräumen, andererseits sind vor allem auch Privatpersonen, welche aus Interesse und der Liebe zu Amphibien und dem Artenschutz agieren, wichtig zur Bestandsaufnahme der Amphibiendiversität.

Naturnahe, private Gartenteiche sind mögliche Rückzugsorte für Amphibien. Sie sind aber meist nicht öffentlich zugänglich. Zudem gibt es oft amphibienträchtige Kleingewässer, welche nur den Ortskundigen bekannt sind. Deswegen kann sich jede:r mit Zugang zu einem kleinen Gewässer ab jetzt beim Projekt bewerben und so einen Beitrag zum Amphibienschutz leisten. Die Teilnahme ist kostenlos, erfordert keine Vorkenntnisse, und die Probennahme ist einfach und nimmt kaum mehr als eine Stunde Zeit in Anspruch. Je mehr mitmachen wollen, desto besser. Wie das funktioniert und worum es bei dem Projekt genau geht, erklärt auch dieses Video:

Frosch im Wassertropfen: Ein Mitmachprojekt für Amphibienschutz
Universität Innsbruck

Die Auswahl geeigneter Gewässer

Nachdem die Bewerbungen bei uns eingelangt sind, wird in engem Austausch mit Expert:innen der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH) eine Auswahl über infrage kommende Gewässer getätigt. Die Personen, deren Gewässer ausgewählt wurden, erhalten ein Probenkit zugeschickt. Die Probennahme sollte bestenfalls zu einer Zeit stattfinden, in der zahlreiche Amphibien im Gewässer sind. Ob es sich um adulte Tiere, Kaulquappen oder Laich handelt, spielt hierbei keine Rolle. Ist die Probennahme erfolgt, wird der Wasserfilter an die Universität Innsbruck zurückgeschickt und die Proben kommen zur Analyse ins Labor. Die generierten Daten werden anschließend bioinformatisch ausgewertet und benutzer:innenfreundlich aufgearbeitet. Informationen über die Amphibien des eingesandten Gewässers kommen direkt zu den Hobbyforscher:innen, die gesammelte Information wird für alle Interessierten öffentlich zugänglich sein.

Das Probenkit enthält alle Utensilien sowie eine detaillierte Schritt-für-Schritt-Anleitung, die eine schnelle und einfache Probennahme ermöglicht.
Stanglechner-Sint

Erfolgsstory Amphibienschutz

Das Projekt "Frosch im Wassertropfen" wurde erstmals 2019 in Tirol durchgeführt und erhielt damals großen Zulauf. Insgesamt 100 Wasserproben konnten damals aus ganz Tirol eingereicht werden – und alle kamen sie zur Analyse retour. Für die österreichweite Aktion stehen diesmal über tausend Probenkits bereit, welche auf die Citizen-Scientists warten. Finanziert wird das Projekt vom Bund und der EU über das BML mit Unterstützung des BMK und des Landes Tirol. "2019 haben sich Kinder, Volksschulen, Senioren und Menschen aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen beteiligt", sagt Projektkoordinatorin Martina Nindl-Kaplenig.

"Damals konnten wir bis zu fünf verschiedene Arten in einzelnen Gewässern nachweisen, was auf eine erstaunliche lokale Amphibienvielfalt hinweist. Um diese besser schützen zu können, müssen wir zunächst genau wissen, wie es um ihre Verbreitung bestellt ist. Für diese Detektivarbeit brauchen wir die Hilfe von naturbegeisterten Hobbyforscher:innen im ganzen Land." Neben zahlreichen Amphibienarten und sogar einem Erstnachweis einer Art in Tirol konnten wir leider auch die Verbreitung von "Bd" in vier Gewässern belegen. Das Projekt genoss 2019 große mediale Aufmerksamkeit – auch über die Landesgrenzen hinaus – und es konnte so maßgeblich zur Bewusstseinsbildung bezüglich der schützenswerten Tiere beigetragen werden. "Frosch im Wassertropfen" war ein voller Erfolg, und es wird Zeit, dass auch der Rest von Österreich mitmachen kann. (Carolin Strutzmann, 15.3.2024)

Laubfrosch
Der Europäische Laubfrosch (Hyla arborea) ist der einzige mitteleuropäische Vertreter einer nahezu weltweit verbreiteten Tierfamilie, die mit über 1.000 Arten zu den formenreichsten innerhalb der Amphibien zählt.
Rudi Hofer – Focusnatura.at