Plötzlich scheint die Position von Helmut Marko wackeln.
REUTERS/Rula Rouhana

Jeddah - Im Machtkampf beim österreichisch-britischen Formel-1-Rennstall Red Bull Racing soll die Suspendierung von Motorsportberater Helmut Marko im Raum stehen. "Die theoretische Möglichkeit besteht immer", sagte der 80-jährige Steirer, enger Vertrauter des verstorbenen Firmengründers Dietrich Mateschitz, am Freitag im ORF-Interview. "Letztlich entscheide ich selbst, was ich mache. Es ist so ein komplexes Thema."

Nach dem Qualifying zum Grand Prix von Saudi-Arabien sagte Marko im Interview bei Sky: "Es gibt so viele Gerüchte. Ich möchte dazu eigentlich gar nichts sagen. Es sind derartig viele Spekulationen im Umlauf. Es muss alles passen, damit ich da weiter arbeiten will." Am Samstag ist ein Gespräch Markos mit dessen Vorgesetzten, dem Red-Bull-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff, geplant.

Verstappen stärkt Marko den Rücken

Ausschlaggebend ist die Causa um Teamchef Christian Horner, dem von einer Mitarbeiterin angeblich unangemessenes Verhalten vorgeworfen worden war. Der 50-jährige Engländer wurde nach einer unabhängigen, internen Untersuchung bei Red Bull freigesprochen, die Mitarbeiterin laut Medienberichten kürzlich wegen unredlichen Verhaltens vom Rennstall suspendiert. "Wir wollen Frieden im Team, die WM wird schwierig genug mit 24 Rennen und darauf müssen wir uns konzentrieren", betonte Marko. Im Fahrerlager von Saudi-Arabien geht das Gerücht um, Marko soll dafür verantwortlich gewesen sein, dass Chatverläufe von Horner mit der Mitarbeiterin an internationale Medienleute und Formel-1-Teamchefs geleakt wurden.

Weltmeister Max Verstappen stärkte Marko im ORF-Interview nach dem Qualifying den Rücken. Auf die Frage, ob er für Marko eintreten werde in Gesprächen in den kommenden Tagen, sagte Verstappen: "Absolut." Und weiter: "Für mich muss Helmut immer dabei sein. Sonst hätten wir ein großes Problem im Team. Ich habe immer sehr viel Vertrauen in Helmut gehabt, das war in beide Richtungen so. Man darf nicht vergessen, was er mit Dietrich aufgebaut hat."

Honda will Klarheit

Die involvierte Angestellte von Red Bull sucht nun in einer zivilrechtlichen Klage den Weg vors Gericht. "Alles, was zu einem schnellen Ergebnis führt, ist mehr als wünschenswert", sagte Horner zu dieser Entscheidung, derzeit gebe es allerdings zu viel Wirbel. Auch der derzeitige Motorenlieferant Honda forderte Klarheit. "Sie wollen eine klare Aussage, was wirklich passiert ist", erklärte Marko. "Das Wichtigste ist, dass wir wieder zum Sportlichen kommen."

Laut Quellen, die Red Bull nahestehen, ist das Unternehmen seit dem Tod von Mastermind Mateschitz gespalten. Die thailändischen Mehrheitseigentümer, die Familie Yoovidhya, soll Horner unterstützen, während die österreichische Fraktion angeblich will, dass der Teamchef von seinem Posten entfernt wird. Horner hatte am Donnerstag einen Schlussstrich gefordert. "Meine Frau und meine Familie haben mich enorm unterstützt, aber der Eingriff in mein Familienleben ist jetzt genug", sagte er.

Wolff nennt Marko "liebsten Feind"

Auch über die Zukunft von Triple-Weltmeister Verstappen, der noch bis 2028 einen Vertrag bei Red Bull besitzt und von Marko entdeckt wurde, wird derzeit viel gesprochen. "Wenn man ihn verlieren würde, wäre das ein unglaublicher Verlust, weil auch viele Mechaniker und Ingenieure bemüht sind, für Max zu arbeiten", sagte Marko, der seit der Verlängerung im Jänner noch bis Ende 2026 an Red Bull gebunden ist. Laut Gerüchten soll der Vertrag von Verstappen an Marko gekoppelt sein.

Mercedes-Boss Toto Wolff, dessen Team im kommenden Jahr nach dem Abgang von Lewis Hamilton zu Ferrari einen offenen Sitz hat, sprach Marko seinen Respekt aus. "Helmut ist natürlich kein Kind von Traurigkeit und unser liebster Feind. Aber er ist ein echter Racer. Wenn Helmut dem Team abhanden kommt, ist das für Red Bull sicher ein Verlust. Jeder Racer hat Respekt vor ihm. Die Leistung, die er als Fahrer gebracht hat, ist zweifelsohne eine der besten eines Österreichers", sagte der Wiener im ORF.

"Wir haben überhaupt nicht mehr den Durchblick, was passiert und gesagt wird. Ob Max an Helmut gebunden ist oder nicht. Das Wichtigste ist, dass sie dort ihre Entscheidungen treffen oder nicht. Es ist schwer zu beurteilen, warum das hier so außer Kontrolle gerät", ergänzte Wolff. Verstappen werde aber immer dort fahren, wo es das schnellste Auto gebe, und das sei derzeit der Red Bull. "Ich habe ein gutes Verhältnis mit Jos (Verstappen, Anm.) und Max. Das heißt aber nicht, dass man auf der professionellen Seite jetzt einen Wechsel kurzfristig sehen würde." (luza, APA, 8.3.2024)