Der Eingang der Nationalbank
Die Notenbank hat 2023 einen Riesenverlust eingefahren: die Folgen der Geldpolitik.
APA/Tobias Steinmaurer

Der Kurs der ultralockeren Geldpolitik, den die Europäische Zentralbank (EZB) in den vergangenen Jahren gefahren ist, hat der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) im Jahr 2023 einen satten Verlust beschert, und zwar rund drei Milliarden Euro. So wie das andere Zentralbanken auch taten, hat die OeNB in den vergangenen Jahren jede Menge Staatsanleihen angekauft; im Vorjahr hatte sie ein Portfolio von 80 Milliarden Euro in den Büchern, verzinst waren die Papiere im Schnitt mit 0,6 Prozent, die Zinseinnahmen betrugen rund 500 Millionen Euro. Dagegen wurden den Banken, die rund 100 Milliarden an Einlagen bei der OeNB liegen hatten, Zinsen in Höhe von im Schnitt rund 3,8 Prozent bezahlt – was in Summe einen Zinsaufwand von 3,8 Milliarden Euro bedeutete. Allein der Verlust aus den geldpolitisch motivierten Maßnahmen betrug summa summarum rund 2,9 Milliarden Euro, wie DER STANDARD erfahren hat.

Aus dem restlichen Geschäft kamen zum Beispiel Einnahmen von der OeNB-Tochter Münze, die rund 100 Millionen Euro Gewinn gemacht hat, rund zwölf Millionen Euro verdiente die Immobilientochter IG Immobilien. Gut verdient hat im Vorjahr auch das Treasury, das für die Eigenveranlagung zuständig ist: Das Portfolio in Höhe von rund 20 Milliarden Euro warf einen Gewinn von rund einer Milliarde Euro ab, nicht zuletzt deshalb, weil sich die Aktienmärkte gut entwickelt haben. Im Jahr davor war das Ergebnis noch dunkelrot gewesen, 1,9 Milliarden waren verlorengegangen.

Keine Dividende für den Staat

Alles in allem landete der Verlust der OeNB damit bei rund 2,2 Milliarden Euro – der Staat wird also auch heuer wieder keine Dividende von seiner 100-Prozent-Beteiligung Notenbank sehen. Ihre genauen Geschäftszahlen wird die OeNB am kommenden Freitag bekanntgeben. Da tagt die Generalversammlung der staatlichen Notenbank, und im Anschluss daran wird das Direktorium unter Gouverneur Robert Holzmann den Geschäftsbericht und die Bilanz 2023 präsentieren. Im Jahr 2022 hatte die OeNB Rückstellungen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro auflösen müssen, um so eine schwarze Null ausweisen zu können. Weitere Risikorückstellungen gab es aber nicht, weswegen nun eben Verluste ausgewiesen werden. Wobei die OeNB aus der Tatsache, dass ab 2023 im Zuge der Zinswende rote Zahlen in den Büchern stehen werden, kein Hehl gemacht hat, Holzmann kündigte das etwa im vorigen Dezember in der "Presse" an. Man werde "heuer die größten geldpolitischen Verluste haben, die es in der Geschichte der OeNB je gab", gab er damals zu Protokoll.

Ähnliche der Währungs- und Geldpolitik geschuldete Entwicklungen – EZB und Notenbanken haben im Namen der Währungsstabilität jahrelang Wertpapiere aufgekauft und so Staaten und Unternehmen unterstützt – gibt es auch bei vielen anderen europäischen Notenbanken, die ja dieselbe Geldpolitik unterstützt und betrieben haben. Die Deutsche Bundesbank zum Beispiel hat 2023 ihr historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren, und um das Minus von 21,6 Milliarden Euro auszugleichen, hat sie Rückstellungen und Rücklagen aufgelöst. Ab heuer werde man Verluste ausweisen, kündigte Bundesbank-Chef Joachim Nagel an.

Besser wird es frühestens Ende der 2030er-Jahre

Verluste wird es für die OeNB auch in den kommenden Jahren noch geben, 2024 dürften sie – je nach Zinsentwicklung – aber schon etwas niedriger ausfallen, 2025 könnte man bei einer schwarzen Null landen, mit einer wirklichen Besserung wird dann erst ab 2026 gerechnet. Bis die OeNB-Verluste (allein für 2022 und 2023 sind ja in Summe rund vier Milliarden angefallen) verdaut sein werden, wird es noch sehr viele Jahre dauern, manche Notenbanker rechnen damit, dass das erst Ende der 2030er-Jahre der Fall sein wird. (Renate Graber, 20.3.2024)