Max Verstappen Formel 1 Weltmeister
Ein solcherart Besungener verschließt seine Ohren eher nicht. Max Verstappen, den Gerhard Berger vor einigen Monaten noch auf einer Stufe mit Ayrton Senna sah, hat quasi die nächste Stufe erklommen.
IMAGO/F1 Grand Prix of Bahrain

Es war im Juni 2023, und es war in Salzburg. Da sagte Gerhard Berger als Servus-TV-Gast im Hangar-7, man habe ihn "sicher schon tausendmal gefragt", ob ihm jemals ein Formel-1-Fahrer untergekommen sei, den er auf einer Stufe mit seinem ehemaligen Teamgefährten Ayrton Senna sehen würde. Und er antwortete auch gleich, dass "mit Max Verstappen jetzt einer da ist", der in seinen Augen gleichauf mit Senna liege. Vier Jahre zuvor übrigens hatte Berger im "Sportmonolog" zu Sennas 25. Todestag ähnlich über Lewis Hamilton gesprochen, den damals fünfmaligen und später siebenmaligen Weltmeister. Berger sah Hamilton da, im Gegensatz zu Piquet, Lauda, Prost oder Schumacher, "auf dem Level von Ayrton".

In der Zwischenzeit – egal ob man jetzt einige Jahre oder auch nur wenige Monate zurückschaut – haben sich Hamilton und Verstappen entwickelt, in die eine oder in die andere Richtung. Berger (64) ist jedenfalls derselbe geblieben, doch seine Meinung über Verstappen (26) hat er geändert. "Für mich ist Verstappen der beste Fahrer aller Zeiten", sagt der von 1984 bis 1997 in der Formel 1 aktive Tiroler dem STANDARD. "Jedenfalls der beste, den ich je gesehen habe." Die Tatsache, dass dem mittlerweile dreimaligen Champ, der auch heuer in den ersten zwei Rennen unantastbar war, noch vier Titel auf die Rekordweltmeister Schumacher und Hamilton fehlen, ändert daran sowieso nichts. Doch mittlerweile hat Verstappen eben auch Senna quasi distanziert, sagt Berger. "Senna war fahrerisch so gut wie Verstappen, aber er war sehr emotional. Deshalb hat er ab und zu übers Ziel hinausgeschossen. Verstappen ragt fahrerisch genauso heraus, und Fehler macht er auch keine."

Tag und Nacht am Steuer

Zu seiner Zeit, sagt Berger, seien in der Formel 1 "immer mehr Kartspezialisten nach oben gekommen". Etwa ein Senna. Oder auch ein Stefan Bellof. "Die hatten vielen anderen etwas voraus. Verstappen gehört auch noch zu dieser Kartgeneration. Aber er gehört auch schon zur Simulatorgeneration." Beim Niederländer sei "eine besondere Kombination aus Kart- und Simulatorausbildung" gegeben. Der junge Verstappen sei tagsüber Kart gefahren, und dann sei er noch die halbe Nacht am Simulator gesessen: "Er hat unzählige Situationen tausendmal durchprobiert, er ist auf alles gefasst. Max ist ein Leben lang Rennfahrer, und schon seine Eltern sind Rennen gefahren." Verstappens Vater Jos war von 1994 bis 2003 in der Formel 1, seine Mutter Sophie Kumpen im Kartsport aktiv – und die Rennsportleidenschaft in der Familie zieht noch weitere Kreise: Großonkel Paul war 1987 belgischer Rallyecrossmeister, sein Sohn Anthony ist Rekordsieger der 24 Stunden von Zolder.

Gerhard Berger
Gerhard Berger schwärmt: "Verstappen ragt fahrerisch heraus, und Fehler macht er auch keine."
AFP/MIGUEL MEDINA

Wenn er über Verstappen redet, gerät Berger also regelrecht ins Schwärmen. Und dabei will er es auch belassen, die Turbulenzen bei Red Bull mag er nicht besprechen. Fall er eine Meinung dazu hat, ist es keine für die Öffentlichkeit bestimmte. "Lass uns bitte weiter über den Sport reden", sagt er und hält fest, dass die deutliche Red-Bull-Überlegenheit schon zu Saisonbeginn die Fans nicht unbedingt von den Sitzen gerissen habe. "Klar hätte man sich erhofft, dass es enger ist und dass man nicht schon vor einem Grand Prix weiß, wer gewinnt." Wirklich seriös werde man die Dinge aber erst nach dem GP von Australien am Sonntag (fünf Uhr, Servus TV, Sky) beurteilen können. "Du musst drei Rennen abwarten, das ist in jeder Saison so." Immerhin sehe es so aus, als wäre auch Ferrari auf einem guten Weg. "Aber natürlich zeichnet sich ab, dass es wieder darum gehen wird, Red Bull abzufangen."

Was Verstappens "Absicht" ist

Verstappen sagte am Donnerstag in Melbourne, das Red-Bull-Team sei für ihn "wie eine zweite Familie", und er habe "die Absicht", seinen bis 2028 laufenden Vertrag zu erfüllen. Ob diese Aussagen die Wogen im Red-Bull-internen Machtkampf glätten, bleibt abzuwarten. Auf der einen Seite stehen, wie kolportiert wird, die thailändischen Mehrheitseigentümer, sie stützen dem Vernehmen nach den angeschlagenen Teamchef Christian Horner. Auf der anderen Seite steht neben Berater Helmut Marko und Geschäftsführer Oliver Mintzlaff wohl auch das Team rund um Verstappen, der unter Umständen vorzeitig aussteigen könnte, sollte Marko gegangen werden. Wie fest er sich bei Red Bull verankert sieht, wurde Verstappen am Donnerstag gefragt. "Ziemlich fest", lautete seine Antwort.

Jedenfalls bemerkenswert ist, wie unbeeindruckt der Weltmeister seine Runden zieht. 19 der vergangenen 20 Rennen hat er gewonnen. Ein weiterer Erfolg am Sonntag im Albert Park wäre auch schon wieder sein zehnter in Serie und gleichbedeutend mit der Einstellung seines eigenen Rekords. (Fritz Neumann, 22.3.2024)