Ein Mann geht am Schriftzug
Evergrande kommt aus den Problemen nicht heraus. Jetzt steht auch noch der Betrugsverdacht im Raum, die Rolle des Wirtschaftsprüfers wird untersucht.
AFP/PEDRO PARDO

Die Probleme in Chinas Immobilienwirtschaft bekommen eine neue Facette. Denn mit Radiance hat ein weiterer Baukonzern eine fällige Zahlung an seine Gläubiger versäumt. Die in Peking ansässige Radiance Group teilte mit, dass sie mit der Rückzahlung einer Anleihe über 300 Millionen Dollar (rund 275 Millionen Euro) in Verzug geraten ist. Der chinesische Immobiliensektor habe tiefgreifende Anpassungen erfahren, wodurch die Verkäufe der Gruppe unter extremen Druck geraten seien, hieß es in der Mitteilung von Radiance. Man bemühe sich "nach Kräften um eine Lösung und ist bestrebt, eine enge Kommunikation mit den Anleihegläubigern aufrechtzuerhalten", heißt es vonseiten Radiance.

China leidet, wie berichtet, unter einer schweren Immobilienkrise, die sich auf die gesamte Wirtschaft auswirkt. Viele Immobiliengesellschaften kämpfen seit Jahren mit einer hohen Verschuldung. Sie haben sich finanziell übernommen, um schnell wachsen zu können. Nun sind sie teilweise nicht mehr in der Lage, ihre Projekte zu Ende zu bauen. Allein Evergrande, der größte Entwickler des Landes, hat Schulden von über 300 Milliarden Dollar angehäuft und ist seit Ende 2021 bei der Bedienung seiner Auslandsschulden in Verzug. Auch Country Garden ist bereits in Zahlungsverzug.

Rolle von PwC wird untersucht

Bei Evergrande untersuchen die Behörden nun auch die Rolle von Pricewaterhouse Coopers (PwC) bezüglich der Buchhaltungspraktiken der Evergrande Group. Das Bauunternehmen wird eines Betrugs in Höhe von 78 Milliarden Dollar beschuldigt, berichtet Bloomberg News. Es sei noch keine Entscheidung darüber getroffen worden, ob der Wirtschaftsprüfer bestraft werden solle, hieß es in dem Bericht. Die chinesischen Beamten stehen demnach offenbar in Kontakt mit einigen ehemaligen PwC-Wirtschaftsprüfern, die mit der Rechnungsprüfung von Evergrande befasst waren.

Die chinesische Wertpapieraufsichtsbehörde (China Securities Regulatory Commission, CSRC) hatte in dieser Woche Evergrande und den Vorsitzenden Hui Ka Yan wegen Betrugs bei der Buchführung und der Ausgabe von Anleihen zu einer Geldstrafe von 4,2 Milliarden Yuan (581,4 Millionen Dollar) beziehungsweise 47 Millionen Yuan verurteilt und Hui sowie andere leitende Angestellte vom Wertpapiermarkt ausgeschlossen.

Die CSRC hat auch ein anderes Evergrande-Unternehmen besucht, nämlich Hengda Real Estate, das Onshore-Flaggschiff von Evergrande. Hengda Real Estate gab zuletzt an, dass die Einnahmen im Jahr 2019 um 213,99 Milliarden Yuan oder die Hälfte der Gesamtsumme zu hoch gewesen seien. Im Jahr 2020 wurden die Umsätze um 350 Milliarden Yuan oder 78,5 Prozent des Gesamtbetrags aufgebläht. Das Bauunternehmen gab auf der Grundlage dieser gefälschten Angaben aber Anleihen aus.

PwC trat Anfang vergangenen Jahres als Evergrande-Wirtschaftsprüfer zurück, da es zu Unstimmigkeiten bei der Prüfung der Jahresabschlüsse für 2021 gekommen war. Evergrande und PwC werden seit 2021 von der Hongkonger Aufsichtsbehörde für Wirtschaftsprüfung wegen des Jahresabschlusses 2020 geprüft.

Vertrauen der Anleger gewinnen

Besser läuft es offenbar bei der Longfor Group, Chinas zweitgrößtem privaten Immobilienentwickler. Das Unternehmen erklärte zuletzt, dass es genügend Mittel für die Rückzahlung einer im Mai fälligen Anleihe in Höhe von 1,5 Milliarden Yuan (208 Millionen USD) beiseitegelegt hat und plant, heuer weitere Mittel über inländische Bankkredite und staatlich garantierte Anleihen aufzunehmen. Longfor hat sechs Milliarden Yuan an Onshore-Anleihen, die heuer fällig werden, sagte Finanzvorstand Zhao Yi in einer Bilanzpressekonferenz. Das Unternehmen plane außerdem, einige 2025 fällige Anleihen vorzeitig zurückzuzahlen, um das Vertrauen der Anleger zu stärken.

Einfach wird das nicht, denn die Ertragslage von Longfor bleibt im aktuellen Umfeld überschaubar. Der Kerngewinn, bei dem Veränderungen bei der Marktbewertung von Immobilien und Finanzinstrumenten nicht berücksichtigt werden, halbierte sich im vergangenen Jahr auf 11,35 Milliarden Yuan (1,6 Milliarden USD), während die Einnahmen um 28 Prozent zurückgingen. Die Aktien des Unternehmens sind im vergangenen Jahr um 50 Prozent gefallen, was jedoch besser ist als die 70- bis 90-prozentigen Rückgänge bei anderen Unternehmen, die in Verzug geraten sind. Das Unternehmen gilt als von Peking unterstützt, da es immer noch Anleihen ausgeben und Kredite aufnehmen kann. Die Kreditaufnahme von Longfor sank im vergangenen Jahr allerdings auch – um 17,4 Milliarden Yuan auf 192,6 Milliarden Yuan. (Reuters, bpf, 22.3.2024)