Die britische Journalistin sah sich im Zuge des Beitrags ein Deepfake-Video von sich selbst an.
Screenshot YouTube

Die Problematik der mit Deepfake-Programmen hergestellten Pornografie wird täglich größer. Der britische öffentlich-rechtliche Sender Channel 4 konnte in einer unabhängigen Untersuchung beängstigende Tatsachen feststellten. Die unmoralische Art, pornografische Inhalte zu erstellen und zu konsumieren, wird immer beliebter. Etwa 4.000 Prominente aus aller Welt und tausende Privatpersonen sind auf den 40 beliebtesten einschlägigen Seiten ohne ihr Einverständnis sichtbar.

Über 4,2 Milliarden Aufrufe konnten diese Seiten in ihrer Lebenspanne schon lukrieren. Die Nachrichtenmoderatorin Cathy Newman, die auch persönlich an der Recherche beteiligt war, ist selbst von der Verbreitung dieser Darstellungen betroffen. In einem neunminütigen Beitrag präsentiert sie die Ergebnisse der Recherche und klärt auf, wie nicht nur prominente Frauen von diesen Angriffen betroffen sind.

Nicht nur Stars

Während die meistgeklickten Videos und Fotos immer noch Darstellungen von Prominenten, Internetpersönlichkeiten oder sogar Politikerinnen sind, hat sich die Deepfake-Problematik längst auf die Allgemeinheit ausgeweitet. Anders als bei Personen von öffentlichem Interesse erstellen hier nicht völlig Fremde das veränderte Bildmaterial, sondern meist Nahestehende. So auch im Fall der Privatperson Sophie Parrish: Ein ehemaliger Familienfreund kopierte ohne Einwilligung Fotos von den Social-Media-Accounts von Parrish, um ihr Gesicht auf einen anderen Frauenkörper zu retuschieren. Diese mit Deepfake erstellten Fotos landeten dann in einer Chatgruppe, in der weitere Fälschungen von Frauen angeboten und weitergegeben wurden. Angeklagt wurde der Mann nicht. Die gesetzliche Grundlage für die Anklage wurde erst dieses Jahr beschlossen.

"Es ist einfach sehr brutal, sehr erniedrigend. Es ist, als ob Frauen nichts bedeuten, wir sind einfach wertlos, wir sind nur ein Stück Fleisch", sagte die zweifache Mutter Parrish der Journalistin Newmann in einem Interview für Channel 4. Ihre Fähigkeit, anderen Menschen zu vertrauen, sei zutiefst geschädigt, und sie habe sich von einer glücklichen Person zum genauen Gegenteil gewandelt, so die junge Britin.

"Auszieh"-Apps per Google

Laut unabhängigen Zahlen beziehen die beliebtesten Porno-Webseiten mit Deepfake-Material 70 Prozent ihres Seitenverkehrs von den Vorschlägen der Suchmaschinen. Die Rolle Googles in der Beliebtheit beschränkt sich aber nicht nur auf die Webseiten, die solchen Content hosten. Über 200 verschiedene "Auszieh"- oder "Nackheit"-Apps können über den Dienst gefunden werden. Solche Webseiten ermöglichen unter Bereitstellung eines normalen Fotos und wenigen Klicks die Kreation nicht jugendfreier Inhalte.

Google lehnte eine Anfrage von Channel 4 für ein Interview mit folgenden Worten ab: "Wir wissen, wie belastend diese Inhalte sein können, und wir sind entschlossen, unsere bestehenden Schutzmaßnahmen auszubauen, um den Betroffenen zu helfen", so der Tech-Konzern in einer schriftlichen Aussendung. Betroffene Personen könnten auf Anfrage diese Art von Seiten aus der Suche löschen und Google arbeite an weiteren Schutzvorrichtungen, so die kalifornische Firma.

Im Vereinigten Königreich ist die Verbreitung von Deepfake-Pornografie seit Jänner dieses Jahres illegal. Auch in Österreich werden seit 1. Jänner Deepfake-Darstellungen von der Polizei systematisch erfasst. Ob diese ersten Schritte einen Effekt gegen das international vorherrschende Problem haben, wird sich erst zeigen. Kritikern reichen diese Maßnahmen noch nicht. Solange nicht aktiver gegen die Anbieter vorgegangen wird, würden soziale Netzwerke und Suchmaschinen immerhin Millionenbeträge mit dem "Engagement" rund um gefälschte Darstellungen verdienen. (gld, 25.3.2024)