Peter Gridling war von 2008 bis 2020 Direktor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT). 
Peter Gridling war von 2008 bis 2020 Direktor des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.
ORF ZiB 2 Screenshot

In Österreich muss man sich heutzutage die Frage stellen, wie sehr der Verfassungsschutz von russischen Verbindungsleuten unterwandert war – und noch immer ist. Der ehemalige Verfassungsschützer Egisto Ott, der am Karfreitag verhaftet wurde, gilt als Schlüsselfigur, wenn es in Österreich um Spionage zugunsten Russlands geht. Über Otts Verhaftung war Peter Gridling, der von 2008 bis 2020 Direktor des BVT war, nicht besonders überrascht, erklärt er am Mittwoch in der "ZiB 2" im Gespräch mit Armin Wolf. "Es hat Belege dafür gegeben, dass Ott unzulässigerweise Dokumente von seinem dienstlichen Account auf seinen privaten Account überspielt hat", sagt Gridling.

Bereits 2017 soll Egisto Ott "systematisch für die Russen" gearbeitet haben und wurde damals auch nach dem Hinweis eines britischen Partnerdienstes suspendiert. "Haben die Briten das BVT überwacht?", will Wolf wissen. Gridling erwidert, dass die Briten das BVT "möglicherweise" nicht überwacht haben, aber "möglicherweise" Herrn Ott, weil in nachrichtendienstlichen Kreisen 2017 bereits fragwürdig gewesen sei, welche Rolle er spiele. Zwischen 2015 und 2017 soll Ott mindestens 382 offenbar illegale Abfragen bei Polizeidatenbanken gemacht und die Daten auch verkauft haben. "Warum ist das niemandem aufgefallen?", fragt Wolf.

Eine Zelle im BVT

Mit den Aktenzahlen sei das schwierig, erklärt Gridling, für Stichproben wäre das Innenministerium selbst zuständig, das Auffälligkeiten melden sollte. Passiert ist das offenbar nicht. Auch dass Ott weiterhin Abfragen über andere Geheimdienste tätigte, obwohl er nicht mehr im BVT arbeitete, fiel offenbar niemandem auf. "Hätten Sie Herrn Ott nicht überwachen müssen?", will Wolf wissen. "Es gab Ermittlungen dazu, aber diese Ermittlungen haben nichts Unnormales erbracht", erklärt der ehemalige Verfassungsschützer.

ZIB 2: Ex-BVT-Chef Gridling: "Wenig überrascht" über Ott-Verhaftung
ORF

Eine Zelle habe es damals im BVT gegeben: Egisto Ott und seinen ehemaligen Vorgesetzten Martin Weiss, über den die Spur nach München zum Wirecard-Manager Jan Marsalek führte, der bereits seit 2013 an den russischen Geheimdienst berichtete. "Müssen Sie sich nicht vorwerfen lassen, dass da nichts aufgefallen ist?", wird Gridling gefragt. "Wir haben unsere Ermittlungen gestartet und Ott beim ersten belastbaren Moment aus dem BVT entfernt." Es gelte die österreichische Rechtsordnung, und in deren Rahmen habe man sich zu bewegen. Als Dienststellenleiter habe Gridling seine Möglichkeiten bestmöglich genutzt. (Jakob Thaller, 4.4.2024)