Die politische Standortbestimmung in der Slowakei war am Ende eindeutig. Noch kurz vor der Präsidentschaftsstichwahl am Samstag hatten alle mit einem Kopf-an-Kopf-Rennen gerechnet. Umso größer war dann der Triumph des linksnationalen Regierungslagers: Mehr als sechs Prozentpunkte lagen zwischen seinem Kandidaten Peter Pellegrini und Ivan Korčok, dem Hoffnungsträger der bürgerlich-liberalen Opposition.

Nach einem so unerwartet klaren Ergebnis könnte man eigentlich rasch zur Tagesordnung übergehen. Von den international immer beliebter werdenden Versuchen, die Legitimität von Wahlen infrage zu stellen, gab und gibt es in der Slowakei keine Spur. Die Auszählung verlief rasch und reibungslos. Zwei Stunden warten, im Fernsehen diskutieren und analysieren, dann war alles klar: The winner takes it all.

Robert Fico (re.) applaudiert seinem siegreichen Präsidentschaftskandidaten Peter Pellegrini.
IMAGO/Vaclav Salek

Dass das Ergebnis fast der Hälfte der Wählerinnen und Wähler nicht schmeckt, liegt auf der Hand. Viele etwa sind zu Recht beunruhigt, weil es so scheint, als ob der im ersten Wahlgang nur zweitplatzierte Pellegrini auch viele Stimmen aus dem Lager des Kreml-nahen Rechts-außen-Agitators Štefan Harabin lukrieren konnte. Ein slowakisches Spezifikum ist die Bedeutung von Antisystemkandidaten aber nicht. In den USA etwa geht Donald Trump sogar als Favorit ins Rennen.

Wettern gegen Liberale

Auch das Argument, die Gewaltenteilung in der Slowakei habe eine Schramme bekommen, weil Regierung und Präsident künftig in vielen Fragen an einem Strang ziehen werden, greift auf der prinzipiellen Ebene noch nicht. Nirgends steht geschrieben, dass das Staatsoberhaupt ein Gegengewicht zur Regierung zu sein hat.

Und doch liegt hier einer der Gründe für das Unwohlsein, das viele empfinden. Der linksnationale Premier Robert Fico, der bereits wegen seiner umstrittenen Justizreform Sorge um die Rechtsstaatlichkeit im Land geweckt hatte, ließ am Wahlabend nichts anbrennen. Kaum war das Ergebnis bekannt, erklärte er es zum Erfolg für seine Regierung und holte – neben Pellegrini stehend – gegen "liberale Medien, Aktivisten, Progressivisten und NGOs" aus.

Ein Mann Ficos

Im Gespann mit Pellegrini war schon immer Fico der populistische Koch, Pellegrini wurde bei Bedarf zum Kellner gemacht – als Minister oder 2018, nach Ficos vorübergehendem Rücktritt nach der Ermordung des Enthüllungsjournalisten Ján Kuciak, als Premier. Sogar dass sich Pellegrini 2020 mit einer eigenen Linkspartei selbstständig gemacht hat, änderte letztlich nicht viel am Verhältnis der beiden Männer.

In seiner Siegesrede hat Pellegrini bereits gelobt, Ficos Regierung keine Schwierigkeiten zu machen. Auch sein Versprechen, die Slowakei werde ein "Land des Friedens bleiben und nicht des Kriegs", riecht ganz nach der Küche seines Mentors. Dass damit nicht Kritik am Kreml gemeint ist, sondern an der Hilfe für die angegriffene Ukraine, fand im Siegestaumel keine Erwähnung. Es hat aber auch niemand erwartet. Pellegrini ist kein Mann großer Worte. Er ist ein Mann Ficos. (Gerald Schubert, 7.4.2024)