Es war bereits ein kleiner Vorgeschmack darauf, was im Wahlkampf wohl eine große Debatte werden wird: die Zukunft des Bargeldes. Vergangenen Sommer wollte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) ein "Recht auf Bargeld" in Verfassungsrang hieven – auch wenn es eigentlich niemand abschaffen wollte. Doch das Thema Cash ist so mit Emotionen verbunden, dass es der Politik viel Nährboden bietet. Und selbst wenn noch zahlreiche Fragen offen sind, nimmt der digitale Euro allmählich Form an, was die Diskussion weiter befeuert.

Als zusätzliche Zahlungsoption wird der E-Euro von der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) beworben, als digitale Alternative, um den großen US-Konzernen im elektronischen Zahlungsverkehr etwas entgegenzuhalten. Zwar gilt der digitale Euro als gleichwertig zu den in Österreich so beliebten Scheinen und Münzen, doch bei genauerem Hinsehen gibt es einen nicht unwesentlichen Unterschied, nämlich die Annahmepflicht.

Beim Thema Bargeld verstehen die Österreicherinnen und Österreicher keinen Spaß. Das weiß man auch in der Politik, und es wird sich wohl im Wahlkampf widerspiegeln.
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Zur Erinnerung: Der digitale Euro soll eine Digitalwährung sein, die man nutzen kann wie Bargeld. Der E-Euro wird aber nicht auf einem Bankkonto, sondern in einer digitalen Geldbörse aufbewahrt – einer sogenannten Wallet –, etwa auf dem Smartphone oder einer Karte. Die Zahlung soll sowohl online als auch offline mittels NFC-Chips funktionieren und für Konsumentinnen und Konsumenten kostenlos sein.

Problem mit Schildern

Zurück zur Annahmepflicht. Die EU-Kommission hat vergangenes Jahr gleichzeitig Entwürfe für den digitalen Euro und eine neue Bargeld-Verordnung vorgeschlagen. Demnach müssen Händler den digitalen Euro bedingungslos annehmen, einzig für kleine Wirtschaftstreibende gibt es Ausnahmen. Beim klassischen Bargeld ist das nicht so. Es sind vor allem Schilder, die die Praxis kompliziert machen.

Beim digitalen Euro wurde dezidiert ausgeschlossen, dass man die Annahme durch ein "Kein digitaler Euro"-Schild am Geschäftseingang verweigern kann. In der Bargeld-Verordnung ist das unklar, ein solch konkreter Passus jedenfalls fehlt. Ein "Kein Bargeld-Schild" reicht de facto, um Scheine nicht akzeptieren zu müssen. Sowohl EZB als auch OeNB fordern, dass hier nachgeschärft wird. Die Annahmepflicht müsse für Bargeld genauso streng definiert sein wie für den digitalen Euro, heißt es.

Theorie ja, Praxis nein

"Es gibt zwar in der Theorie eine gesetzliche Annahmepflicht für Bargeld, in der Praxis ist sie für den Einzelnen aber nicht durchsetzbar. Das ist nur zivilrechtlich oder mit Verbandsklagen möglich", sagt Matthias Schroth zum STANDARD, er ist Hauptabteilungsdirektor für Bargeld bei der OeNB. Er wünsche sich eine klare Rechtsgrundlage wie etwa in Belgien, wo Behörden Unternehmen abmahnen können, die kein Cash akzeptieren.

In Finanzkreisen wird gemunkelt, dass wegen der Pflicht zur Annahme von Bargeld hinter den Kulissen bereits intensiv verhandelt wird, spannend werden könnte es diesbezüglich im Sommer. Konkrete Details werden aber noch nicht verraten.

Bargeld abschaffen

Unabhängig davon hält sich seit Jahren in Österreich die Furcht, Brüssel könnte das Bargeld abschaffen wollen. Diese Angst dürfte ihren Ursprung in der im Jänner beschlossenen Bargeldobergrenze haben. Barzahlungen in Höhe von mehr als 10.000 Euro werden in der Europäischen Union in etwa ab Mitte 2026 verboten sein. Händler von Luxusgütern müssen zudem die Identität ihrer Kunden überprüfen und verdächtige Geschäfte an die Behörden melden. Die verschärften Regeln sollen Geldwäsche erschweren und unter anderem für den Handel mit Juwelen, Luxusautos, Privatflugzeugen und Schiffen gelten.

EZB und OeNB betonen zwar immer, dass Bargeld auf keinen Fall abgeschafft werden soll, das wollen viele Kritiker aber nicht mehr glauben. Mit den Plänen für den digitalen Euro sehen sie sich sogar noch deutlicher bestätigt.

Der digitale Euro soll eine zusätzliche Zahlungsmöglichkeit darstellen. Sowohl EZB als auch OeNB betonen immer wieder, dass klassisches Bargeld nicht ersetzt werden soll.
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Nutzung nimmt zu

Die Emotionen sind da, doch wie sieht es mit der Nutzung von Bargeld eigentlich aus? Das Leben wird immer digitaler, das ist Fakt und spiegelt sich auch im Zahlungsverhalten wider. Dennoch wird kaum irgendwo in Europa so gerne bar bezahlt wie in Österreich. Jüngste Daten zeigen sogar, dass nach dem massiven Einbruch wegen der Corona-Pandemie die Nutzung von Bargeld in Österreich und Deutschland wieder etwas anzieht. DER STANDARD hat berichtet. (Andreas Danzer, 11.4.2024)