Jorge Moreira da Silva, Exekutivdirektor der UN-Agentur UNOPS, bei seinem Besuch in Wien.
Jorge Moreira da Silva, Exekutivdirektor der UN-Agentur UNOPS, bei seinem Besuch in Wien.
Gerald Schubert

Die Krisen, die die Welt in Atem halten, warten nicht nur auf politische Lösungen. Oft geht es auch um Logistik, die vor dem Hintergrund millionenfachen Leids zumindest Linderung bringt und humanitäre Hilfe ermöglicht.

Im Rahmen der UN gibt es eine Agentur, die für die Abwicklung genau solcher Projekte zuständig ist: das Büro für Projektdienste der Vereinten Nationen (United Nations Office for Project Services, kurz UNOPS). "Anders als andere UN-Agenturen sind wir nicht programmatisch", sagte Jorge Moreira da Silva, Exekutivdirektor von UNOPS, Anfang der Woche während seines Wien-Besuchs dem STANDARD. "Wir sind ganz auf die Implementierung von Projekten fokussiert."

Was zunächst ein wenig nach Umsetzung standardisierter Workflows in der Wirtschaft klingt, ist komplexes Projektmanagement unter oft schwierigsten Bedingungen. "Wir operieren häufig in einem fragilen und von Gewalt geprägten Umfeld", erklärt Moreira da Silva. "So sind wir etwa die größte UN-Agentur in Myanmar, und wir haben auch eine starke Präsenz in Afghanistan, Haiti, dem Libanon oder dem Südsudan."

Zurückgewiesene Hilfsgüter

Am sichtbarsten seien derzeit aber freilich der Gazakrieg und der Krieg in der Ukraine. Beim Thema Nahost gehe es im Auftrag von UN-Generalsekretär António Guterres gerade darum, eine Routine zu schaffen, um die humanitäre Hilfe für Gaza zu erleichtern: Trucks warten oft viele Tage, um Hilfsgüter über die Grenze bringen zu können. Nun wird unter Beteiligung von UNOPS nach einem Mechanismus gesucht, der trotz der strengen Kontrollen einen reibungsloseren Ablauf ermöglicht.

Aber auch wenn damit die Transportzeiten signifikant verkürzt werden könnten, wären längst nicht alle Probleme gelöst: "Ich habe Lagerhallen mit Tonnen von zurückgewiesenen Hilfsgütern gesehen", so Moreira da Silva. "Das Problem ist: Wenn eine Kiste abgewiesen wird, wird gleich der gesamte Truck abgewiesen, und der Grund dafür ist nicht immer klar." Auch hier gebe es Verbesserungsbedarf.

"Doch selbst wenn die Hilfsgüter nach Gaza durchkommen, lässt die Sicherheitslage dort oft keine effektive Verteilung zu", gibt der UNOPS-Chef zu bedenken. Um das zu ändern, müsse der Konflikt entschärft werden, und dies könne nicht Teil des entstehenden Mechanismus sein: "Die humanitären Bedingungen vor Ort müssten dazu durch die Konfliktparteien selbst verbessert werden."

Wiederaufbau in der Ukraine

Auch in der Ukraine kümmert sich UNOPS um humanitäre Hilfe – und um den Wiederaufbau. Dass viele sich die Frage stellen, ob es Sinn macht, jetzt schon am Wiederaufbau zu arbeiten, während das Land weiterhin tagtäglich mit Raketen und Drohnen angegriffen wird, ist Moreira da Silva bewusst. "Ich habe so viele zerstörte Gebäude gesehen, so viele kaputte Schulen. Immer wieder kommt es zu Problemen mit der Energieversorgung. Wir können nicht bis zum Kriegsende warten, um lebensrettende Mechanismen zu ergreifen und den Wiederaufbau vorzubereiten." Auch bei der Minenräumung stellt UNOPS in der Ukraine seine Expertise zur Verfügung.

UNOPS hat seinen Hauptsitz in Kopenhagen und ist seit 2019 auch in Wien präsent. Vom Wiener Standort aus werden auch die Agenden in zwölf Ländern des Balkans, des Südkaukasus und Zentralasiens sowie in der Türkei betreut. Gemeinsam mit in Wien ansässigen Partnerorganisationen unterstützt das Büro die Umsetzung von Projekten in Bereichen wie Gesundheitsversorgung, Kulturerbe oder Bildung. (Gerald Schubert, 17.4.2024)